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Medienbranche sucht auf den Medientagen Wege aus der Krise

Die erfolgsverwöhnte Medienbranche steht am Rande zur Depression. Auf den Münchner Medientagen, die parallel zur IT-Messe Systems stattfinden, will sich die Branche Mut zusprechen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Axel Höpner
  • dpa

Die erfolgsverwöhnte Medienbranche steht am Rande zur Depression. Kleinere Firmen wie Helkon Media und sogar die große KirchGruppe sind Pleite gegangen, auflagenstarke Tageszeitungen müssen in großer Zahl Stellen streichen, auch den Fernsehsendern brechen die Werbeeinnahmen weg. Verantwortlich sind die Konjunkturflaute und strukturelle Probleme. Auf den Münchner Medientagen, die vom 16. bis 18. Oktober parallel zur IT-Messe Systems stattfinden, will sich die Branche Mut zusprechen. Denn die Krise birgt auch Chancen. "Alle Firmen betreiben jetzt knallhartes Kostenmanagement", sagt Michael Zrenner, Prokurist der Bavaria Film. Die Krise sei eine Gelegenheit, "den Speck ein wenig abzuschneiden".

Das Ausmaß der Flaute traf viele Unternehmen unerwartet. "Eigentlich haben die Verlage viele Jahre Zeit gehabt, sich auf so eine Situation vorzubereiten", sagt Medienberater und Ex-Bild-Chef Hans-Hermann Tiedje. Viele erlebten aber zum ersten Mal einen Abschwung und reagierten im Schock über: "Ich halte es für den völlig falschen Weg, jetzt am journalistischen Know-how einzusparen." Angesichts eines drohenden Irak-Kriegs, hoher Arbeitslosenzahlen und der Konjunkturflaute sehe er allerdings auch in den nächsten zwei Jahren keine schnelle Erholung.

Viele Unternehmen werten die Flaute als normalen, zyklischen Abschwung. "Er dauert diesmal aber länger", sagt Produzent Zrenner. Im ersten Halbjahr 2002 schrumpfte der deutsche TV-Werbemarkt nach Angaben der Veranstalter der Medientage nochmals um 7,2 Prozent. Nicht besser erging es Zeitschriften- und Zeitungsverlegern mit einem Minus zwischen 5 und 6,5 Prozent. Besonders betroffen sind Zeitungen, die stark von Stellenanzeigen abhängig sind. Hier gab es Einbußen von bis zu 50 Prozent. Der Süddeutsche Verlag kündigte am Wochenende für 2002 einen Umsatzrückgang von 808 auf 720 Millionen Euro an und musste sogar Insolvenzgerüchte dementieren. Mit einem rigiden Kostenmanagement will die Gruppe, die unter anderem die Süddeutsche Zeitung herausgibt, im kommenden Jahr in die Gewinnzone zurückkehren.

Eine Erholung ist derzeit noch nicht in Sicht. Erst vor wenigen Wochen korrigierte Deutschlands größter TV-Konzern ProSiebenSAT.1 seine Prognosen nach unten. "Anders als erwartet müssen wir davon ausgehen, dass auch das vierte Quartal keine Trendwende mehr im Werbemarkt bringen wird", sagte Konzernchef Urs Rohner. Die Folgen sind weit hin zu spüren. Die Produzenten müssten warten, dass die Werbebuchungen wieder anziehen, sagt Zrenner, der auch Geschäftsführer der Bavaria Entertainment GmbH ist. "Noch sehe ich das nicht." Es werde lange dauern, bis wieder die Stimmung des Boom-Jahres 2000 herrsche.

Trotz, oder gerade wegen der Krise rechnet der Präsident der bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Wolf-Dieter Ring, mit regem Andrang bei den Medientagen. Er erwarte 4.500 bis 5.000 Besucher, so viele wie in den Jahren zuvor. Die Veranstaltung sei eine Gelegenheit, den Strukturwandel zu diskutieren und internationale Vergleiche zu ziehen, um die Situation besser einordnen zu können. In mehr als 80 Fachforen zu den Bereichen Print, Film, Hörfunk, Fernsehen, Internet, Multimedia, Werbung und Medienpolitik befassen sich 540 internationale Experten mit den neuesten Trends und Entwicklungen.

Nach der Eröffnung durch Bayerns Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) diskutieren am Mittwoch Experten auf dem ersten Mediengipfel die Frage: "Woher kommt das Wachstum der Zukunft?" Mit dabei sind unter anderem Hubert Burda, Premiere-Chef Georg Kofler, RTL-Geschäftsführer Gerhard Zeiler, ZDF-Intendant Markus Schächter und ARD-Chef Fritz Pleitgen. An den beiden folgenden Tagen stehen dann, ebenfalls hochkarätig besetzt, der Print- und der New-Media-Gipfel auf dem Programm. Die Themen der weiteren Veranstaltungen reichen vom Jugendschutz über die Medienkonzentration bis zum Urheberrecht. (Axel Höpner, dpa) / (jk)