Medienwirtschaft macht Dampf gegen Urheberrechtsnovelle

Der Deutsche Multimedia Verband hält den gegenwärtigen Gesetzesentwurf für eine "Bankrotterklärung" und wirft kurz vor der ersten Lesung im Bundestag erneut die Lobbying-Maschine an.

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Der Deutsche Multimedia Verband (dmmv) dringt kurz vor der ersten Lesung der umstrittenen Urheberrechtsnovelle im Bundestag am Donnerstag auf Verschärfungen des Gesetzesentwurfs. "Das Vorhaben trägt in seiner jetzigen Form zu einer weiteren Schwächung des Medienstandorts bei", erklärte dmmv-Sprecher Christoph Huneke gegenüber heise online. Besonders empört ist der Verband über die Skepsis der Bundesregierung gegenüber dem von der Branche angestrebten Verbot von Privatkopien aus illegalen Quellen, wozu die Medienwirtschaft vor allem Online-Tauschbörsen zählt.

Das Justizministerium ist der Ansicht, dass sich die Rechtmäßigkeit einer im Netz gefundenen Kopiervorlage kaum beurteilen lasse. Doch diese Einschätzung hält Christoph Dressel, Mitglied im dmmv-Arbeitskreis Medienpolitik, für eine "Bankrotterklärung". "Das wäre genauso, als ob das Finanzamt erklären würde, dass Steuerhinterziehung im Einzelfall nur noch schwer zu belegen sei und daher nicht mehr sanktioniert würde", veranschaulichte der Rechtsexperte im Bereich E-Security beim Pay-TV-Sender Premiere den Fall gegenüber heise online. Einen weiteren Konstruktionsfehler des Regierungsentwurfs sieht er darin, dass bei Urheberrechtsverstößen zwischen privaten und gewerblichen Handlungen unterschieden und die vermeintlichen "Spaßhacker" so davon kommen würden.

Schwer im Magen liegt dem dmmv auch die sich für eine Stärkung der Nutzerrechte einsetzende Initiative privatkopie.net. Auf der Einstiegsseite der von zahlreichen Netzverbänden getragenen Unterschriftensammlung würden "unlautere Angaben" gemacht, so Dressel. Stein des Anstoßes ist die Formulierung, dass das Recht des Verbrauchers, eine begrenzte Anzahl von Vervielfältigungen für den Eigenbedarf zu erstellen, vor dem Aus stehe. "Dabei ist im Entwurf doch das Privileg für das Anlegen von Privatarchiven enthalten", ärgert sich Dressel, der eine solche Regelung als weiteres "Einfallstor für Vervielfältigungsumtriebe" ablehnt.

Der dmmv hofft nun, die Entscheider im Justizministerium und Medienpolitiker in einem für den morgigen Mittwoch in Berlin anberaumten "Last-Minute-Lobbying-Gespräch" von seiner Sicht der Dinge zu überzeugen. Doch bislang hat sich der Verband mit seinen früheren Vorstößen nur bedingt Gehör verschaffen können: Sowohl die politische Tour durch die Hauptstadt im Mai, in deren Rahmen der dmmv hauptsächlich für einen "effektiveren Schutz digitaler Güter" plädierte, als auch ein im Herbst vorgelegtes Technik- und Rechtsgutachten zum Kampf gegen Raubkopierer verpufften weitgehend in Berlin oder wurden von Politikern dezidiert als Scharfmacherei abgelehnt. (Stefan Krempl) / (anw)