Meerwasserentsalzung: Destillation mit Druck statt Hitze

Herkömmliche Umkehr-Osmose kann nur einen Teil der Schadstoffe aus Meerwasser entfernen. Ein neues Verfahren schafft bei ähnlichem Energieaufwand deutlich mehr.

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(Bild: Brett Allen / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Zur Meerwasserentsalzung gibt es zwei etablierte Verfahren, und beide haben Nachteile: Die "Umkehr-Osmose", bei der Wasser mit hohem Druck durch eine Membran gedrückt wird, kann nicht alle Schadstoffe entfernen. Und die Destillation kann zwar hochreines Wasser erzeugen, braucht aber auch sehr viel Energie. Forschende der University of Colorado haben nun ein Entsalzungsverfahren vorgestellt, das die Vorteile von Umkehr-Osmose und Destillation miteinander verbinden soll.

Es basiert auf einer Membran aus Aluminiumoxid mit winzigen, 60 bis 90 Nanometer großen Poren. Auf der einen Seite wird diese Membran mit fluoriertem Alkysilan beschichtet. Dadurch wird eine Seite der Poren wasserabweisend ("hydrophob"). Dort kann flüssiges Wasser nicht mehr in die Poren eindringen, und sie bleiben luftgefüllt. Wird das zu entsalzende Wasser allerdings unter hohen Druck von mehreren Dutzend bar gesetzt, verdampft es an der Kontaktfläche zu den hydrophoben Poren und dringt in gasförmigem Zustand in die dortige, weniger als 200 Nanometer dicke Luftschicht ein. Kommt es in Kontakt mit dem Wasser auf der anderen, unbeschichteten Seite der Poren, kondensiert es dort wieder. Es handelt sich also auch um eine Art Destillation, die allerdings durch Druck und nicht durch Wärme angetrieben wird.

Der Entwurf der ultradünnen Lufteinschlussmembranen für den druckgesteuerten Dampftransport.

(Bild: Nguyen et al., Sci. Adv. 9, eadg6638 (2023) 14 July 2023)

"Die Machbarkeit der Entsalzung durch Druckdestillation ist aus der Theorie ersichtlich, aber die Demonstration des Systems war bisher noch nicht möglich, da es an geeigneten Membranen fehlten", schreiben die Forschenden in ihrem Paper. Ein Quadratmeter Membran kann nach ihren Berechnungen bei einem Druck von 12 bar 88 Kilogramm Wasser pro Stunde entsalzen. Dabei wurden nicht nur 99,8 Prozent des Salzes entfernt, sondern auch bis zu 99,1 Prozent an anderen Schadstoffen wie Bor, Harnstoff und Dimethylnitrosamin. Klassische Umkehr-Osmose kann nur rund 45 Prozent dieser Stoffe entfernen. Deshalb muss das entsalzte Wasser meist noch in einem zweiten Schritt nachbehandelt werden. Dieser Schritt würde mit dem neuen Verfahren entfallen.

Die neue Membran ist zudem unempfindlich gegenüber Chlor und Ozon, die herkömmlichen Osmose-Membranen zusetzen. Mit Tensiden, die die Oberflächenspannung des Wassers herabsetzen, und mit Biobewuchs ("Fouling") kommt sie bisher allerdings schlechter zurecht. Nach Angaben der Forscher lassen sich passende Membranen nicht nur aus Aluminiumoxid, sondern auch anderen Materialien herstellen, etwa aus hydrophoben Polymeren. Wie sich die Membranen im großen Maßstab herstellen lassen und wie sie noch robuster gemacht werden können, das sei Gegenstand weiterer Forschung, heißt es im Paper.

(grh)