Microsoft-Forscher bauen 3D-Scanner aus iPhone

Smartphones als mobile 3D-Scanner sind zwar keine Weltneuheit mehr, die meisten brauchen aber eine Netzverbindung zu einem Server. Beim Projekt MobileFusion von Microsoft Research ist das anders.

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Smartphone-3D-Scanner von Microsoft

(Bild: Microsoft Research)

Lesezeit: 3 Min.

Die Forschungsabteilung von Microsoft hat schon fast zehn Jahre Erfahrung mit der Technik, aus Fotoserien 3D-Modelle zu berechnen. Beginnend im Jahr 2006 mit der Software Photosynth, die eine Bilderserie einer Szene zum 3D-Modell verdichtete und noch lange nicht endend beim Werkzeug names Hyperlapse, das aus Videos ruckelfreie Zeitrafferfilme berechnet, ebenfalls mit Hilfe des rekonstruierten 3D-Raums. Denn die Microsoft-Forscher Peter Ondrúška, Pushmeet Kohli, Shahram Izadi haben im Rahmen ihres Projekts MobileFusion ein handelsübliches iPhone in einen 3D-Scanner für unterwegs verwandelt, der nach dem klassischen Verfahren der Photogrammetrie arbeitet.

Zwar ist weder die Photogrammetrie als Technik noch der Einsatz eines Smartphones als Plattform dafür etwas grundlegend neues: Die kostenlose App 123D Catch von Autodesk arbeitet seit Jahren nach diesem Prinzip, wenn auch nur mit limitierter Bilderzahl. Ergebnisse von höherer Qualität verspricht hingegen die App Aquilaviz von der ETH Zürich, die man im Frühjahr auf der CeBIT in Hannover in Aktion sehen konnte. Beide Werkzeuge haben allerdings gemeinsam, dass das Telefon alleine noch kein vollständiges 3D-Modell liefert, sondern die erfassten Daten erst einmal auf einen Server überträgt, der dann die aufwändigen Berechnungen durchführt.

Das ist bei MobileFusion anders: Beim Prototypen von Microsoft Research erledigt das Smartphone alle Berechnungen mit Bordmitteln – das macht sich zum Beispiel dann bezahlt, wenn man ohne Datenverbindung unterwegs ist und ein Objekt virtuell als Souvenir mit nach Hause nehmen möchte. Zudem soll MobileFusion dem Benutzer direkt auf dem Display eine Vorschau anzeigen, für welche Bereiche der zu scannenden Vorlage bereits genügend Daten vorliegen und welche Stellen man besser nochmal ins Visier nimmt. Das Ergebnis sind keine Punktwolken wie bei vielen anderen Scan-Werkzeugen üblich, sondern 3D-Modelle mit geschlossenen und farbig texturierten Oberflächen, die sich im Idealfall direkt auf einem 3D-Drucker materialisieren lassen sollen.

Der Scanprozess über 25 Sekunden. In den Reihen von oben nach unten jeweils: RGB-Bild der Kamera, durch Vergleich von Frames gewonnene Tiefeninformationen, texturierte Darstellung der bereits erfassten 3D-Struktur, texturlose Darstellung des 3D-Modells sowie prognostizierte Verlässlichkeit der Daten.

(Bild: Screenshot aus dem verlinkten Paper)

Die Forscher von Microsoft werden ihre Arbeit auf der Konferenz IEEE ISMAR 2015 (International Symposium on Mixed and Augmented Reality) präsentieren, die vom 29. September bis zum 3. Oktober im japanischen Fukuoka stattfindet. Selber ausprobieren kann man MobileFusion leider noch nicht, aber die Forscher sollen derzeit daran arbeiten, ihre Software auf weiteren mobilen Plattformen wie Windows Phone und Android zum Laufen zu bringen. Pushmeet Kohli und Shahram Izadi waren bereits an der Entwicklung von KinectFusion beteiligt, jener Software, die aus einer Windows-Kinect einen 3D-Scanner macht. An ihrem neuen Projekt gefällt ihnen vor allem, dass viele Menschen mit ihrem Mobiltelefon die komplette nötige Hardware für 3D-Scans unterwegs bereits ständig bei sich tragen.

Andere Hersteller wollen ebenfalls mobile Geräte zu tragbaren 3D-Scannern erweitern, setzen dabei aber vor allem auf Hardware: Wer bei Googles Projekt namens Tango mitmachen will, braucht ein spezielles Android-Tablet mit eingebauter 3D-Kamera. Matter and Form hingegen möchte Telefone um einen aufsteckbaren Linienlaser erweitern, mit dem man Objekte mit Hilfe des Lichtschnittverfahrens abtastet. Die Crowdfunding-Kampagne dafür geht in Kürze zu Ende, das Projekt hat sein Finanzierungsziel locker überschritten.

(pek)