Microsoft-Prozess: Waterloo für Richter Jackson?

Nach der mündlichen Anhörung im Antitrust-Prozess gegen Microsoft halten Experten einen Sieg des Software-Giganten für möglich.

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Von
  • Wolfgang Stieler

Nach dem zweiten Tag der mündlichen Anhörung im Antitrust-Prozess gegen Microsoft halten Experten einen Sieg des Software-Giganten für möglich. Richter Thomas Penfield Jackson, der Microsoft-Gründer Bill Gates einen Napoleon-Komplex diagnostizierte, könnte nicht zuletzt aufgrund seiner freimütigen Äußerungen in diesem Fall ein persönliches Waterloo erleben. Nach Meinung von US-Rechtsexperten haben die Fragen der Berufungs-Richter signalisiert, dass sie die Äußerungen von Richter Thomas Penfield Jackson für einen schweren Regelverstoß gegen den juristischen Verhaltenskodex halten. Mindestens zwei der sieben Richter, waren laut Seattle Times erkennbar kritisch gegenüber Jackson eingestellt und könnten ihn demnach für befangen erklären – falls sich die Jury dieser Auffassung anschließt, müsste der komplette Prozess neu aufgerollt werden.

Wiliam Kovacic, Professor für Antitrust-Recht an der George Washington Universität, hält es nach US-Agenturberichten zumindest für ausgemacht, dass Jackson in diesem Prozess keine weitere Rolle spielen wird, falls das Berufungsgericht den Fall wieder an die untergeordnete Instanz zurück verweist.

Als noch kritischer für die Regierungsseite könnte sich allerdings erweisen, dass der vorsitzende Richter Harry Edwards die Definition eines "Browser-Marktes" für unzureichend hält. Nach der Logik der US-Antitrust-Gesetze kann es keinen Missbrauch einer Monopolstellung im Browser-Markt geben, wenn ein solcher Markt nicht existiert. Die kritische Prüfung der Browser-Frage war allerdings keine echte Überraschung, nachdem das nun erneut zuständige Berufungsgericht schon einmal ein von Jackson verfügtes Verbot der Verknüpfung zwischen Browser und Betriebsystem wieder aufgehoben hatte.

Es bleibt also spannend; William Kovacic beispielsweise rechnet mittlerweile mit einer 50-Prozent-Chance für Microsoft, als Gewinner aus dieser Verhandlung zu gehen. Beobachter interpretieren Äußerungen der Berufungsrichter so, dass nur das Urteil aufrechterhalten bleibt, nach dem Microsoft illegal versucht hat, sein Monopol bei Computer-Betriebssystemen zu sichern. Sollte nur dieser Teil des Jackson-Urteils Gnade vor den Augen der Berufungsrichter finden, deutet alles darauf hin, dass sie damit auch eine Aufspaltung von Microsoft für nicht gerechtfertigt halten. Ein abschließendes Urteil wird nicht vor Juni erwartet. (wst)