Microsoft: Wir haben den Wettbewerb nicht behindert

Am ersten Tag der Berufungsverhandlung im Kartellprozess gegen Microsoft waren bislang kaum neue Argumente zu hören.

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Von
  • Jürgen Kuri

In der ersten Runde der Berufungsverhandlung im Microsoft-Prozess bekräftigen beide Parteien ihre bekannten Positionen. Microsoft, in der ersten Instanz wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens und illegaler Ausnutzung eines Monopols zur Aufspaltung verurteilt, hielt natürlich an seiner Position fest, die Firma habe das Wettbewerbrecht nicht verletzt. Die Klagevertreter des US-Justizministeriums dagegen betonten – ebenfalls wie erwartet –, Microsoft habe seine Position bei Betriebssystemen ausgenutzt, um die Konkurrenz von Netscape auszuschalten.

Microsofts Anwalt Richard Urowsky legte dem Gericht Beweise vor, die nach Ansicht des Konzerns zeigen, dass Netscape von Microsoft nicht behindert wurde. So sei zwischen 1996 und 1998 die Anzahl der Netscape-User von 15 Millionen auf 33 Millionen gestiegen. "Millionen entschieden sich dafür, den Navigator zu benutzen, obwohl der Internet Explorer mit Windows geliefert wurde", betonte Urowsky: "Netscape hatte uneingeschränkten Zugang zu den Kunden." Das Unternehmen habe nicht gegen Kartellgesetze verstoßen und sei auf dem Software-Markt rigorosem Wettbewerb ausgesetzt.

Dagegen führte Jeffrey Minear vom US-Justizministerium aus, Microsoft habe Unsummen ausgegeben, um seinen Internet Explorer zu fördern und die Konkurrenz zu überwältigen. "Die Firma nutzte ihr Monopol, um den Wettbewerb zu ersticken", versicherte Minear.

Beide Seiten wurden allerdings von den sieben Richtern der Berufungsinstanz hart zur Brust genommen. "Ich sehe nicht, wie Sie eine Urteilsaufhebung erreichen können", meinte Richter David Tatel zu dem Microsoft-Anwalt. Richter Douglas Ginsburg wiederum warf dem Konzern vor, Taktiken einer "Sättigungsbombardierung" gegen Netscape eingesetzt zu haben. Der Vorsitzende des Gerichts, Harry Edwards, überraschte dagegen den Regierungsanwalt mit dem Vorwurf, das US-Justizministerium habe ein Bild von Microsoft gezeichnet als "paranoidem Monpolisten, jemand, der mitten in der Nacht aufsteht und auf alles ballert, was sich bewegt". Ein weiterer Richter, Raymond Randolph, fragte Minear, was denn wäre, wenn Microsoft gedacht hätte, der Navigator sei eine ernsthafte Bedrohung für Windows: "Warum ist das nicht genug, um aggressiv in den Wettbewerb zu gehen?" Microsofts Rechtsvertreter Urowsky stieg darauf sofort ein: "Ich denke, es reicht aus, dass der Navigator als ein potenzieller ernsthafter Konkurrent betrachtet wurde, um ernsthafte Schritte im Wettbewerb zu unternehmen."

Die mündliche Verhandlung dauert noch bis zum morgigen Dienstag. Eine Entscheidung des Gerichts wird aller Voraussicht nach nicht direkt im Anschluss fallen. Rechtsexperten rechnen Microsoft jedoch gute Chancen aus, zumindest einen Teilerfolg zu erzielen. Zwei der Richter im jetzigen Revisionsverfahren hatten bereits früher zu Gunsten Microsofts entschieden: Sie hoben eine Verfügung des Richters der ersten Instanz, Thomas Penfield Jackson, auf, derzufolge PC-Hersteller nicht mehr dazu verpflichtet sein sollten, den Internet Browser mit Windows zu verknüpfen. Eine Änderung der Prozesstaktik des US-Justizministeriums wird dagegen zumindest so lange nicht erwartet, wie die Berufungsverhandlung andauert. Sollte das Gericht dann Microsoft teilweise recht geben, gehen US-Beobachter davon aus, dass die Regierung eine außergerichtliche Einigung zu erreichen versucht: Der neue Chef des Antitrust-Departments wird als weitaus Microsoft-freundlicher eingestuft als Joel Klein, der unter Clinton für die Abteilung zuständig war. (jk)