US-Kartellwächter bekommen Microsoft-freundlichen Chef

Charles James soll neuer Chef der Antitrust-Abteilung des US-Justizministeriums werden. Ihm wird eine Microsoft-freundliche Haltung nachgesagt.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Antitrust-Abteilung des US-Justizministeriums bekommt aller Wahrscheinlichkeit nach Charles James als neuen Chef. Der 46-Jährige arbeitete zuletzt für eine Clevelander Anwaltskanzlei als Spezialist für Katellrecht und Handelsregulierung in Washington. Zuvor war er bereits von 1991 bis 1993 beim US-Justizministerium in der Abteilung für kartellrechtliche Fragen. James wurde von US-Präsident George W. Bush Mitte der Woche als Leiter der Antitrust-Abteilung nominiert; US-Beobachter erwarten nicht, dass Kongress oder Senat bei seiner Ernennung Schwierigkeiten machen. Der neue US-Justizminister, John Ashcroft, begrüßte die Nominierung von James und Daniel J. Bryant (für das Office of Legislative Affairs): "Das Ministerium ist sehr glücklich darüber, dass diese beiden herausragenden Menschen, die außergewöhnliche Karrieren in der öffentlichen Verwaltung hinter sich haben, ins Justizministerium zurückkehren."

Die Ernennung von James spricht für eine Änderung in der Haltung der US-Regierung gegenüber dem Microsoft-Prozess. Die Antitrust-Abteilung des Justizministeriums war bislang eine der hauptsächlichen Triebkräfte in dem Kartellverfahren gegen den Software-Konzern. Bis zur Entscheidung der ersten Instanz wurde die Abteilung von Joel Klein geleitet, der inzwischen als Chef der US-Dependance zu Bertelsmann gegangen ist. James hingegen wird eine weit Microsoft-freundlichere Haltung nachgesagt: Er ließ in früheren Äußerungen während seiner Anwaltstätigkeit kaum einen Zweifel daran, dass er von einer Zerschlagung Microsofts nichts hält. So meinte er beispielsweise, Microsoft habe eine einheitliche Software-Plattform mit seinem Betriebssystem Windows geschaffen. Und davon hätten die Verbraucher profitiert. Eine Zerschlagung würde nach James' Ansicht diese einheitliche Plattform zerstören.

Schon während des Präsidentschaftswahlkampfs war George W. Bush durch Äußerungen aufgefallen, die auf ein zurückhaltenderes Vorgehen gegen Microsoft schließen ließen. US-Beobachter erwarteten daher bereits, dass eine Wahl von Bush zu einem weniger radikalen Vorgehen der Regierung gegen Microsoft als unter Clinton führen dürfte. Eine Möglichkeit besteht darin, dass das Justizministerium keinen Einspruch gegen ein milderes Urteil der Berufungsinstanz einlegt – das zuständige Berufungsgericht führt am 26. und 27. Februar eine mündliche Verhandlung durch, nach der bereits eine Entscheidung fallen könnte, wie es mit dem Verfahren gegen Microsoft weitergeht.

Derweil sammelt Microsoft seine eigenen Truppen in Washington. Ginny Terzano, zuvor Sprecher des Weißen Hauses unter Clinton, und der Ex-Chef der Republikaner, Haley Barbour, wurden von Microsoft eingestellt, um die Interessen der Firma in Washington zu vertreten. Zusätzlich sollen zu der Microsoft-Lobbygruppe frühere Berater des neuen Präsidenten Bush und seines Justizministers Ashcroft gehören, darunter Paul Clement, Boyden Gray und Ed Gillespie. (jk)