Microsoft tritt beim Ausbau der eigenen Rechenzentren offenbar auf die Bremse

Microsoft verlangsamt derzeit angeblich die Pläne für neue Rechenzentren von Australien über London bis Chicago. Die Gründe sind unklar und wohl vielschichtig.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 15 Kommentare lesen
Server in einem Rechenzentrum bei matter Beleuchtung

(Bild: Sashkin/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die von Microsoft geplanten neuen Rechenzentren oder auch deren Ausbau nimmt der Konzern derzeit offenbar etwas zurück. Betroffen sind Projekte auf der ganzen Welt. Das berichtet der Finanzdienst Bloomberg unter Berufung auf mit den Angelegenheiten vertraute Personen. In einzelnen Fällen dürfte es an lokalen Bedingungen und Vertragspartnern liegen, aber da Rechenzentren an vielen verschiedenen Standorten auf unterschiedlichen Kontinenten betroffen sind, wird von einem Strategiewechsel ausgegangen.

Erst Anfang dieses Jahres hatte Microsoft noch erklärt, dieses Jahr 80 Milliarden US-Dollar in KI-Rechenzentren zu stecken. Schon zu diesem Zeitpunkt deutete sich in den USA ein Regierungswechsel an, sodass ein Großteil des Budgets in Anlagen in den Vereinigten Staaten fließen sollte. Doch auch an diesen Standorten hat es der Konzern offenbar nicht mehr eilig. Denn laut Bloomberg hat Microsoft in der letzten Zeit Gespräche über neue Rechenzentren oder deren Ausbau in Indonesien, Australien, Großbritannien sowie in den US-Bundesstaaten Illinois, North Dakota und Wisconsin entweder gestoppt oder verzögert.

Zwar könnte es wie bei vielen Bauprojekten an Problemen mit der Stromanbindung oder -versorgung sowie Engpässen bei Baumaterialien liegen, die nach einer gewissen Zeit behoben werden können. Einige Investoren interpretieren diese Entwicklung aber als ein Zeichen, dass die erwartete Nachfrage nach KI-Diensten die umfassenden Rechenzentrumspläne Microsofts nicht mehr rechtfertigt.

Microsoft bestätigte auf Anfrage Änderungen an den Plänen für die Rechenzentren, wollte sich aber nicht zu einzelnen Projekten äußern. "Wir planen unseren Rechenzentrumskapazitätsbedarf Jahre im Voraus, um sicherzustellen, dass wir an den richtigen Stellen über ausreichend Infrastruktur verfügen", heißt es vom Konzern. "Da die Nachfrage nach KI weiter steigt und unsere Präsenz in den Rechenzentren weiter ausgebaut wird, zeigen die von uns vorgenommenen Änderungen die Flexibilität unserer Strategie."

Dabei hat sich Microsoft kürzlich erst aus Verhandlungen um die Anmietung von Flächen zwischen London und Cambridge in Großbritannien zurückgezogen, obwohl dort Cloud-Server mit Nvidias neuesten KI-Chips platziert werden könnten. Nahezu gleichzeitig hat Microsoft in den USA Verhandlungen über Plätze für Rechenzentren in der Nähe von Chicago im US-Bundesstaat Illinois abgebrochen, wie es heißt.

Zudem meldet das eng mit Microsoft verbandelte Start-up CoreWeave, das sein Geld mit Cloud-Rechenzentren für das Training und Ausführen (Inferenz) von KI-Modellen verdient, dass der Konzern keine der zuvor angebotenen zusätzlichen Kapazitäten buchen wird. CoreWeave wollte sich zum Umfang der Projekte nicht äußern, aber erklärte, dass die Kapazitäten anderweitig verkauft wurden.

In anderen Fällen verschleppt Microsoft die Fertigstellung neuer Rechenzentren. So hat der Konzern die Arbeiten an einigen Teilen eines neuen Rechenzentrum-Campus in der Nähe von Jakarta in Indonesien ausgesetzt. Auch die geplante Erweiterung eines Standortes in Mount Pleasant im US-Bundesstaat Wisconsin wurde auf Eis gelegt. Dort hat der Konzern bislang 262 Millionen Dollar für die Bauarbeiten ausgegeben.

Microsoft widerspricht und sagte dem 3,3-Milliarden-Dollar-Projekt in Wisconsin die volle Unterstützung zu. Die dortigen Rechenzentren sollen nächstes Jahr in Betrieb genommen werden und die Vorarbeiten für die Erweiterung hätten begonnen. Microsoft in Indonesien wollte sich zu der Pausierung der Bauarbeiten in Jakarta nicht äußern, aber die dortige Cloud-Infrastruktur soll wie geplant im zweiten Quartal dieses Jahres zur Verfügung stehen.

Manche Beobachter betrachten den Ausbau von Rechenzentren zu KI-Zwecken skeptisch, seitdem Deepseek die KI-Szene aufmischt. Denn das große Sprachmodell aus China ist angeblich besonders effizient, sodass künstliche Intelligenz auch mit weniger Rechenkapazitäten möglich wird. Zudem wird erwartet, dass auch westliche KI-Modelle mit der Zeit effizienter werden und damit künftig weniger Ressourcen benötigen.

(fds)