Microsoft und Citrix: Virtualisierungsallianz fordert den Wettbewerb heraus

Deutsche Unternehmen hinken in Sachen Virtualisierung der IT im internationalen Vergleich hinterher. Microsoft-CEO Steve Ballmer sieht Virtualisierung jedoch als Schlüssel zur effizienten Automatisierung der IT. In Allianz mit Citrix treibt der Hersteller daher Virtualisierung auf allen Ebenen voran.

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Sieht Nachholbedarf in Sachen Virtualisierung: Steve Ballmer, CEO, Microsoft

Virtualisierung ist keine neue Technik, kann in heutzutage gängigen IT-Umgebungen jedoch zu einen erheblich effizienteren Einsatz der IT-Ressourcen beitragen – von den Servern über Anwendungen bis zum Desktop. "Dreiviertel aller deutschen Unternehmen haben bereits virtualisiert oder wollen dies in den kommenden Monaten tun", bestätigt denn auch Thomas Meyer, Vice President EMEA beim Analystenhaus IDC. Allerdings beschränkt sich der Einsatz von Virtualisierungstechniken hierzulande häufig auf Teilbereiche oder Testumgebungen. Insbesondere bei der Desktop-Virtualisierung stecken die meisten Unternehmen noch in Pilotprojekten. Vor allem kleinen und mittleren Unternehmen erscheint Virtualisierung bisher häufig zu kompliziert und schlichtweg zu teuer, wie auch Microsoft-CEO Steve Ballmer einräumt.

Doch der Hersteller hat sich zum Ziel gesetzt, das zu ändern. Im Rahmen einer mit dem langjährigen Technologiepartner Citrix geschlossenen "V-Alliance" treibt Microsoft den Einsatz von Virtualisierungstechniken gezielt voran – und geht dabei auch der direkten Auseinandersetzung mit Konkurrenten wie VMware nicht aus dem Weg. Nicht nur in den Ausbau der Cloud-Services wird das Unternehmen in den nächsten Jahren mehrstellige Millionenbeträge stecken, im Rahmen der V-Alliance fließen die Gelder auch direkt Vertriebspartnern zu, die sich auf das Geschäftsfeld spezialisiert und entsprechend qualifiziert haben. Der im vergangenen Jahr in Deutschland gestarteten Allianz haben sich mittlerweile rund 190 Partnerunternehmen im deutschsprachigen Raum angeschlossen, wie Werner Leibrandt, Leiter Corporate Market Strategy Group, und in dieser Funktion auch verantwortlicher Manager für die V-Alliance bei Microsoft Deutschland, erklärt. Noch bis Ende 2010 will er die Zahl der Mitglieder in der DACH-Region "auf 280 bis 290 steigern" – Steve Ballmer legte die Latte im Gespräch mit heise resale gleich auf 300 Partner.

Steve Ballmer (li.) mit den Preisträgern des "V-Alliance Partner of the Year 2010"-Award

Der Microsoft-Chef ließ es sich auch nicht nehmen, im Rahmen einer Vertriebspartnerveranstaltung am 6. Oktober in Köln, die ersten V-Alliance-Mitglieder für die in den vergangenen 12 Monaten erfolgreich umgesetzten Virtualisierungsprojekte persönlich mit dem "V-Alliance Partner of the Year 2010"-Award auszuzeichnen. So durfte beispielsweise Urs Fischer, CEO des österreichischen Systemhauses ACP IT Solutions, den "Sharefighter"-Award für ein gegen VMware gewonnenes Projekt entgegennehmen. Für ein herausragendes Virtualisierungsprojekt auf Basis der eigenen Referenzarchitektur "unisono Dynamic Desktop" beim Kunden Finanz Informatik erhielt visionapp-CEO Jörg Krick den sogenannten "Lighthouse Win"-Award. PC-Ware-Chef Klaus Elsbacher durfte sich über den "V-Alliance Execution Partner of the Year 2010"-Award" freuen, mit dem Microsoft und Citrix die verschiedenen Großprojekte des Leipziger IT-Dienstleisters würdigten – zu den betreuten Kunden zählen beispielsweise Volkswagen sowie die Knappschaft Bahn See. Zu guter Letzt überreichte Steve Ballmer noch den Preis für das "Most innovative Projekt". Anne Langens nahm diesen Award im Namen der Bechtle-Gruppe entgegen, für ein auf internationaler Ebene mit Telefonica O2 umgesetztes Virtualisierungsprojekt, das nach Einschätzung der V-Alliance vor allem hinsichtlich des erzielten Einsparpotenzials sowie der Umsetzungsgeschwindigkeit herausragte.

Die Arbeit der V-Alliance und insbesondere die ausgezeichneten Projekte der Partner machten deutlich, dass Microsoft und Citrix bei ihren Virtualisierungsbemühungen deutliche Fortschritte erzielten, betonte Ballmer. Großes Potenzial sieht der Microsoft-Chef einerseits in der Server-Virtualisierung, wo vor allem kleine und mittlere Unternehmen noch Nachholbedarf haben. Deutsche Firmen rangieren im europäischen Vergleich bezüglich des Virtualisierungsgrades zwar durchaus schon im Mittelfeld, aber beispielsweise bei der Verwaltung von Virtuellen Maschinen (VMs) wird hierzulande noch großteils auf Handarbeit gesetzt, wie IDC-Analyst Thomas Meyer weiß. "In anderen Ländern liegt der Automatisierungsgrad zum Teil deutlich höher." Provisionierung von VMs, automatisierte Lastverteilung und vergleichbare Verwaltungsaufgaben könnten mittels Policy based Management erheblich effizienter gestaltet werden, ist Meyer überzeugt. Mit dem in Server 2008 integrierten Hyper-V und den ergänzenden Management- sowie Virtualisierungs-Tools sowohl von Citrix wie auch aus dem eigenen Hause sieht Ballmer Microsoft in diesem Umfeld bestens positioniert – gerade auch im Vergleich zum Hauptkonkurrenten VMware, dessen "Lösungen deutlich teurer" seien, wie die CEO mehrfach unterstrich.

Unterdessen liegt der Fokus der V-Alliance Ballmer zufolge auf der Desktop-Virtualisierung, wie sie Citrix mit der neu vorgestellten Version "XenDesktop 5" weiterentwickelt. Citrix rechnet mit einer jährlichen Verdopplung der Umsätze und stützt sich dabei auf eine europaweite Studie. Der Hersteller hatte Fachhändler, Systemintegratoren und Partner zu deren Erwartungen befragt. Demnach soll im Zeitraum von 2008 bis 2012 die Zahl der unternehmensweiten Desktop-Virtualisierungsprojekte von 375 auf über 5800 steigen. "Bei diesen Projekten handelt es sich immer um den unternehmensweiten Einsatz von Desktop-Virtualisierung und keinesfalls nur um die Nutzung von Virtual Desktop Infrastructure (VDI) in einzelnen Abteilungen", ergänzt Jens Lübben, Geschäftsführer Deutschland und Area Vice-President der Region Central Europe, Citrix Systems.

Nicht ganz so optimistisch stuft IDC-Analyst Thomas Meyer die aktuelle Situation ein – speziell in Deutschland. Erhebungen seines Hauses zufolge seien in den Unternehmen hierzulande – über alle Firmengrößen hinweg – bisher durchschnittlich maximal 50 Arbeitsplätze virtualisiert. Viele Unternehmen stecken in Sachen Desktop-Virtualisierung noch in der Test- beziehungsweise Pilotphase, betonte Meyer. Das Interesse an der Technik sei unterdessen groß, ebenso wie die Erwartungen an entsprechende Projekte. Daher sei es dringend erforderlich, die Ziele für solche Projekte vorab klarer zu definieren und bei der Umsetzung anhand von Meilensteinen zu überprüfen, rät Meyer. Vertriebspartner von Microsoft und Citrix sehen allerdings auch in der Lizenzpolitik des Konzerns aus Redmond noch immer einen Hemmschuh bei der Desktop-Virtualisierung. Trotz aller in Aussicht gestellten Kostenvorteile könne die Lizenzpolitik auf den einen oder anderen Anwender abschreckend wirken.

Microsoft-Chef Steve Ballmer gab sich denn auch im Hinblick auf das Geschäftspotenzial in Sachen Desktop-Virtualisierung eher zurückhaltend. Zum einen sei das derzeit weniger ein Thema für kleine und mittlere Unternehmen und auch im Enterprise-Umfeld erwartet Ballmer primär den selektiven Einsatz virtualisierter Desktops. "Unternehmen werden Desktop-Virtualisierung in Teilbereichen einsetzen, wo gute Gründe dies erforderlich machen – etwa Compliance-Anforderungen oder Sicherheitsaspekte", erklärte der Microsoft-CEO gegenüber heise resale. Die Zahl virtualisierter Desktops in den Unternehmen werde demzufolge global betrachtet eher moderat wachsen. Auf einen Zeithorizont von 12 Monaten bezogen, erwartet Ballmer einen Anteil der zentral virtualisierten Arbeitsplätze von unter 10 Prozent. (map)