Visionapp schmiedet unabhängige Cloud-Plattform für Händler

Auf der Cloud-Plattform von Visionapp sollen Systemhäuser ihren Kunden individuelle Desktops "per Selbstbedienung" anbieten können. Das SaaS-Angebot umfasst Lösungen verschiedener Hersteller und will von den Startschwierigkeiten von Microsofts Konkurrenzplattform Azure profitieren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dr. Jakob Jung

Neben dem Standard-Produkt Vivio können Systemhäuser auch andere Visionapp-Portale auf ihre Bedürfnisse zuschneiden.

(Bild: visionapp)

Channel und Cloud gehen aus mehreren Gründen noch nicht wie von den Anbietern gewünscht zusammen. Eine neue Cloud-Idee, die mittelständische Kunden über den Channel erreichen will, verfolgt nun die Visionapp AG mit ihren 180 Mitarbeitern, die ursprünglich aus dem IT-Dienstleister Dresdner Bank IT entstanden ist. Fachhändler können dabei aus den Lösungen verschiedener Anbieter wie etwa Salesforce.com, Microsoft oder SAP für ihre Kunden ein individuelles Cloud-Paket schnüren – ein klarer Vorteil gegenüber proprietären Cloud-Plattformen.

Bereitgestellt wird das Angebot über die eigene Plattform von Visionapp. Als für mittelständische Kunden besonders geeignet, preist der Anbieter sein Produkt Vivio an, ein Software-as-a-Service-Portal. "Out of the Box" stehen dem Händler die Anwendungen Microsoft Office, Dynamics oder auch das Online-Backup-Paket von Novastor zur Verfügung. Auch Nicht-Microsoft- oder Open-Source-Lösungen lassen sich problemlos bereitstellen. Vivio ermöglicht damit einen "Desktop per Selbstbedienung", beschreibt Christoph Dittmar, Senior IT-Architekt bei Visionapp, die Lösung. Die gewünschten Anwendungen werden direkt aus dem Web gestreamt.

Es gibt drei Zugriffsmöglichkeiten auf das Visionapp-Portal, erstens über einen lokalen Client (mit Single-Sign-On Authentifizierung), über ein Client-Access-Tool oder über einen Streaming Client, wobei Letzterer prädestiniert ist für Terminals und Kassensysteme. Das Lösungsangebot umfasst nicht nur Web-Anwendungen aus dem Portal, sondern auch Win32-Appliaktionen, die über Server-based Computing mit Citrix ICA Streaming einbezogen werden. Hier gibt es unterschiedliche Optionen.

Die Visionapp-Plattform ist kein "Frühchen", sie wird bereits von den großen deutschen Telekom-Anbietern genutzt, um die Servicequalität zu messen und zu verbessern. "Wir bieten einen Brand, der fachhandelstauglich ist. Die Services sind standardisiert und Whitelabel-fähig", betont Dittmar. Bereits seit einem Jahr arbeitet Visionapp mit dem Distributor Ingram Micro zusammen und hat damit bereits etwa 300 Händler erreicht. Das genügt Dittmar jedoch noch lange nicht, "es stehen Abschlüsse mit weiteren Value Added Distributoren kurz bevor".

Vivio ermöglicht einen Desktop per Selbstbedienung, die gewünschten Anwendungen werden aus dem Web gestreamt.

(Bild: visionapp)

Einige Beschränkungen gilt es allerdings noch zu berücksichtigen, räumt Dittmar ein. So werden etwa bei den Microsoft Messaging- und Collaboration-Paketen Exchange und Sharepoint im Moment noch "nur" die 2007-Versionen unterstützt, aber nicht die 2010er. "Support für Exchange und Sharepoint 2010 ist für das erste Quartal 2011 geplant. Wir warten auf Multimandantenfähigkeit in den Service Packs 1", erklärt Dittmar.

Visionapp positioniert sich mit seinem Angebot als direkter Konkurrent zu Microsofts Cloud-Plattform Azure einerseits und zu den Microsoft Online Services andererseits und sieht sich in beiden Fällen im Vorteil: "Es gibt gute Gründe dafür, dass es für Azure bisher kaum Referenzkunden gibt. Unser Angebot ist ausgereift und in wenigen Wochen einsatzfähig", meint Dittmar. Tatsächlich gibt es bei Azure derzeit noch einige technische Probleme: Microsoft hat seine Cloud-Plattform Azure erst im Februar 2010 an den Start gebracht und wirbt damit, dass die hauseigene Datenbank SQL Server sich fugenlos in die Cloud einfügt und problemlos mit dem Gegenpart SQL Azure zusammenarbeitet. Nach der Erfahrung des Pilotkunden Kelley Blue Book ist das aber nicht der Fall. So funktioniere etwa der Table Storage Service im SQL Server ganz anders als der gleichnamige Dienst in SQL Azure. Bei der Leistungsoptimierung von Datenbanken wird dadurch eine neue Herangehensweise erforderlich. Der .Net-Entwickler Oliver Jones sprach in seinem Blog "Deeper Design" von einem "Albtraum".

Zwar ist Vivio nicht ganz so preisgünstig wie die Microsoft Online Services, das schlagende Argument liegt Dittmar zufolge jedoch darin, dass auch Produkte von Drittanbietern in das Vivio-Portal integriert werden können. Allzu viel Wettbewerb dürfte innerhalb des Portals jedoch nicht stattfinden, denn schließlich ist Visionapp als Goldpartner von Microsoft sowie Citrix Alliance-Partner seinen Vertragspartner verpflichtet. (map)