Milliardenurteil gegen FTX und Alameda Research soll an Opfer fließen

12,7 Milliarden US-Dollar soll FTX für Lügen und Betrug zahlen. Die US-Behörde CFTC verzichtet auf das Geld, sofern es an Opfer fließt.​

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FTX-Logo, darunter aus Buchstabenwürdfeln zusammengesetzt das englische Wort "Collapse"

(Bild: Shutterstock)

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Die implodierte Kryptowährungsbörse FTX und die mit ihr verbundene Kryptospekulationsfirma Alameda Research sollen 8,7 Milliarden Dollar Schadenersatz zahlen, weil sie ihre Kunden und Kreditgeber hinters Licht geführt haben. Hinzu kommen vier Milliarden Dollar als Abschöpfung ungerechtfertigter Bereicherung aus diesen Machenschaften. Ein entsprechendes Urteil hat ein US-Bundesbezirksgericht auf gemeinsamen Vorschlag der Klage führenden Regulierungsbehörde CFTC (Commodities Futures Trading Commission) und der Konkursverwalter von FTX und Alameda Research gefällt. Die Behörde verzichtet allerdings auf das Geld, soweit es Opfern zufließt.

Das Urteil hält fest, dass die von Sam Bankman-Fried kontrollierte Firma Alameda Research und das von ihm kontrollierte Firmengeflecht FTX sowohl Einleger als auch Kreditgeber systematisch in die Irre geführt und Informationen manipuliert haben. Beispielsweise wurde FTX-Kunden sowohl in Stellungnahmen als auch in den Geschäftsbedingungen zugesichert, dass ihre Einlagen nur in Gewahrsam genommen und getrennt von anderen Werten gehalten würde. Tatsächlich wurden die Einlagen mit anderen Kundeneinlagen und Firmenvermögen vermischt; dann wurde das fremde Geld ausgegeben, beispielsweise für Werbung, Wahlkampfspenden, die Vergabe unbesicherter Kredite, Flugzeugmieten, Immobilien, Übernahmen anderer Kryptowährungsfirmen und insbesondere Alamedas Wetten auf Kryptowährungen.

Alameda Research konnte sich unbegrenzt an den Einlagen der FTX-Kunden bedienen und musste selbst hohe Verluste nicht abdecken. Die Spekulationen gingen nicht auf, sodass Alameda schließlich Schulden bei FTX von mindestens acht Milliarden Dollar hatte. Dieses Problem versteckte Bankman-Fried in der Buchhaltung in einem nicht korrekt benannten Konto, das er als "Konto unseres koreanischen Freundes" bezeichnet haben soll.

Gleichzeitig bestand Alamedas angebliches Vermögen zu einem erheblichen Anteil aus virtuellen FTT-Token, einem von FTX selbst ausgestellten "Zahlungsmittel". Verbucht waren die FTT zum aktuellen Kurswert, der aber reine Makulatur war, weil Alameda einen signifikanten Anteil aller im Umlauf befindlichen FTT-Token hielt. Mangels entsprechender Nachfrage nach FTT hätte der Versuch, die Bestände zu verkaufen, einen enormen Kursrutsch ausgelöst.

Als Coindesk am 2. November 2022 über diese heillose Überbewertung der Alameda-Werte berichtete, begannen FTX-Kunden ihre vermeintlichen Guthaben abzurufen. Das Geld war allerdings verspekuliert, sodass FTX die Abhebungen nicht bedienen konnte und in die Pleite stürzte. Bankman-Fried, Mehrheitseigentümer FTX’ und 90-Prozent-Eigentümer Alamedas, ist inzwischen zu 25 Jahren Haft verurteilt worden (nicht rechtskräftig), unter anderem wegen Betruges sowie Verschwörung zu Geldwäsche. Auch andere Manager von FTX und Alameda Research sind strafrechtlich verurteilt worden.

Parallel zu den Strafverfahren führen die Kapitalmarktbehörden SEC (Securities Exchange Commission und CFTC zivilrechtliche Klagen gegen die Firmen und deren Manager. Die CFTC beaufsichtigt den Handel mit Commodity Futures, also Verträgen hinsichtlich zukünftiger Lieferung oder Abnahme von Waren und anderen Werten sowie der Bestimmung von Indizes aller Art, mit Ausnahme von Zwiebeln sowie dem Umsatz mit Kinoeintrittskarten. Die Behörde hat neben FTX Trading, Alameda Research und Sam Bankman-Fried auch dessen Manager-Kollegen Caroline Ellison, Zixiao "Gary" Wang und Nishad Singh geklagt. Hinsichtlich der Haftungsfragen hat die CFTC gegen Ellison, Wang und Singh bereits Konsensurteile erwirkt, gegen Singh auch für einen Teil der von der Behörde geforderten Auflagen.

Neu ist das Konsensurteil gegen FTX und Alameda Research. Es enthält umfassende Unterlassungsgebote und Tätigkeitsverbote für die beiden Firmen, die Verpflichtung, behördliche Verfahren zu unterstützen, sowie 8,7 Milliarden Dollar Schadenersatz zu leisten und vier Milliarden Dollar Bereicherung abzugeben. Allerdings sollen die insgesamt 12,7 Milliarden Dollar nicht an den Staat fließen, sondern an die Opfer. Auf den Schadenersatzanspruch werden alle Zahlungen aus der Konkursmasse an Kunden von FTX.com und FTX.US sowie an Kreditgeber Alameda Researchs angerechnet. Auf die Bereicherungsabschöpfung werden alle genehmigten Zahlungen aus der Konkursmasse angerechnet.

Das Verfahren heißt CFTC v Samuel Bankman-Fried, FTX et al und ist am US-Bundesbezirksgericht für das Südliche New York unter dem Az. 1:22-cv-10503 anhängig. Der Prozess ist nicht abgeschlossen, da die CFTC noch Geldstrafen, Unterlassungsgebote und Tätigkeitsverbote gegen die Beklagten erwirken möchte.

(ds)