Missing Link: Die schwarzen Tage - vor 90 Jahren stürzt die Welt in die Krise

Seite 2: Schwere Folgen für Deutschland

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Wie erwähnt, war Deutschland ein Land, das von der Wirtschaftskrise besonders schwer betroffen war, weil US-amerikanische Investitionen abgezogen wurden. Dazu kam, dass die Deutsche Regierung, ähnlich wie die Fed, eine restriktive Geldpolitik befürwortete. Erleichterung sollte das nach dem Crash vereinbarte Hoover-Moratorium bringen, doch das verpuffte in kurzer Zeit. Der damalige Reichskanzler Heinrich Brüning bedankte sich beim US-Präsidenten Herbert C. Hoover, hielt aber fest: " Die in diesen Wochen erfolgte Entziehung kurzfristiger ausländischer Kredite in Milliardenhöhe aus den deutschen Banken bedeutet für unsere Volkswirtschaft einen plötzlichen und gefahrvollen Blutverlust."

Am Blutverlust hatte Brüning, im Volksmund "Hungerkanzler" genannt, seinen Anteil. Mit seinen Notverordnungen und Sparmaßnahmen wurde die Krise ausgeweitet So wurden die Löhne und Gehälter im Dezember 1931 auf das Niveau vom Januar 1927 gesenkt, was zu einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit führte. Erst mit dem Ende der Reparationszahlungen bei gleichzeitiger Anlage einer Schuldverschreibung von 3 Milliarden Reichsmark bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich zeichnete sich eine Wende ab. Allerdings unter ungünstigen Umständen, weil die USA zum Schutz ihrer sich aufrappelnden Volkswirtschaft konkurrierende Waren mit hohen Zöllen belegten. Dazu kam der größte betrügerische Konkurs, den Deutschland erlebte. Er führte zum Zusammenbruch der "Darmstädter und Nationalbank", damals die Nummer 2 der deutschen Banken. Auch die Nummer 1, die Dresdener Bank wackelte erheblich, als der Betrug bei der Nordwolle aufflog. Der marode Konzern hatte mit gefälschten Bilanzen bei den Banken Krediten von 180 Millionen Dollar erhalten und auf den Anstieg des Wollpreises spekuliert. Doch dieser fiel ins Bodenlose.

Das Ende der Talfahrt zeichnete sich mit der Amtsübernahme von Präsident Roosevelt in den USA ab. Roosevelt setzte ab 1933 eine Serie von Maßnahmen durch, die als New Deal bezeichnet werden, etwa den Mindestlohn und die Einführung einer Sozialversicherung. Die Beruhigung des nach wie vor sehr nervösen Finanzmarktes brachte eine Schuldverschreibung der Regierung in Höhe von 1,7 Milliarden US-Dollar, die als Bonus unter den Veteranen des Ersten Weltkrieges ausgeschüttet wurden. Die geldwerten Papiere wurden am 15. Juni 1935 mit der Mahnung der Regierung verteilt, sie als langfristige Anlagen zu behalten. Das Gegenteil war der Fall. Bis zum Jahresende wurden Verschreibungen im Werte 1,4 Milliarden in Bargeld umgetauscht und ausgegeben. Dies sorgte für einen enormen Aufschwung im Automobil- und Wohnungsbau. Der US-amerikanische New Deal ging in der Folge nahtlos in die Rüstungsproduktion über, die den Arbeitsmarkt leerfegte.

Straßenbauarbeiter im nationalsozialistischen Deutschland, in den 1930er Jahren. Die Männer waren wahrscheinlich im Reichsarbeitsdienst eingetragen.

(Bild: Shutterstock/Everett Historical)

Auch in Deutschland ging es aufwärts. Hier wurden die Verbesserungen jedoch von den Erfolgen der Nationalsozialisten überlagert, die prompt die wirtschaftlichen Erfolge für sich reklamierten. Auch hier wurde über Maßnahmen im Stil des New Deal nachgedacht, die Wirtschaft mit Hilfe von Infrastrukturprojekten anzukurbeln. Eines dieser Projekte war die HasFraBa, die Planung einer mautfinanzierten Autobahn, die die Städte Hamburg, Frankfurt und Basel verbinden und weiter bis nach Genua führen sollte. Die Nationalsozialisten, die zunächst das Projekt ablehnten, das bis zu 500.000 Menschen Arbeit bringen sollte, nutzten es bald für ihre Propaganda, nach der die deutschen Autobahnen die Straßen des Führers sind. So schlitterte man mit Vollgas in die nächste Katastrophe. (bme)