Mit "Werbedruck" gegen das Besucherdefizit

Mit einer Werbekampagne für 50 Millionen Mark will sich die Expo-Gesellschaft aus dem Besucher-Defizit katapultieren.

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Von
  • Wolfgang Stieler

Technische Pannen, Besucherflaute und Entlassungswelle: Die Expo kommt nicht aus den Negativ-Schlagzeilen. Auf rund 930 Millionen Mark hat der grüne Landtagsabgeordnete Enno Hagenah das laufende Expo-Finanzdefizit bereits hochgerechnet. Die Weltausstellung hat ihr Besucherziel in den ersten vier Wochen mit rund 2,3 Millionen Gästen um die Hälfte verfehlt. Von diesen Gästen kamen etwa 800.000 aus Niedersachsen, die wahrscheinlich zum größten Teil das günstige Expo-Abendticket genutzt haben. Zahlen über die Verteilung der Besucher auf die Bundesländer, das europäische Ausland und Übersee wollen die Expo-Manager allerdings derzeit nicht herausgeben.

Weil unter anderem "mangelnde Werbung" für das Besucherdefizit verantwortlich gemacht worden ist, soll nun eine rund 50 Millionen Mark teure Werbekampagne gestartet werden. Expo-Geschäftsführer Reinhard Volk sagte am heutigen Mittwoch, die Kampagne solle die Gesamtbevölkerung ansprechen und müsse "in sehr kurzer Zeit einen sehr hohen Werbedruck aufbauen". Erste Anzeigen könnten in zwei Wochen, die TV-Spots in drei Wochen erscheinen. Die neue Kampagne werde "knackig und volksnah" sein.

Das Geld für die neue Werbekampagne kommt aus der Planungsreserve des Expo-Etats, verlautete aus Führungskreisen der Expo-Gesellschaft. Die Bundesregierung machte als Hauptgesellschafterin den Weg für die neue Kampagne am Montag frei. Endgültig abgesegnet werden soll der neue Werbefeldzug bei einer Expo-Aufsichtsratssitzung am Freitag. Die Zustimmung gilt aber als sicher. Bisher hatte die Expo für Werbung bundesweit rund 40 Millionen Mark ausgegeben. Die Geschäftsführung der Weltaustellungsgesellschaft hält jedenfalls an ihrem Ziel von insgesamt 40 Millionen Besuchern fest. Expo-Chefin Birgit Breuel räumte allerdings vor dem Haushaltausschuss des Bundestages , es werde mit jedem Tag unterdurchschnittlicher Zahlen schwieriger, das Ziel zu erreichen.

Bislang habe die Expo 4,8 Millionen Eintrittskarten verkauft, sagte Breuel vor dem Ausschuss. Gleichzeitig räumte sie aber ein, dass die Erlöse aus der Vermietung von Parkplätzen am Gelände nicht mehr erreicht werden können. Die Auslastung sei im Juni deutlich hinter den Erwartungen zurück geblieben. Mit dem Verkauf der Karten will die Expo 1,8 Milliarden Mark einnehmen. Im Ausschuss sei es eine sachliche Diskussion gewesen, bei der es viel Unterstützung für die Expo über die Parteigrenzen hinweg gegeben habe, sagte Breuel nach der Sitzung.

Unterdessen sorgt auch das Geschäftsgebahren des Expo-Partners Adecco weiterhin für schlechte Presse. Nach einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung soll die Zeitarbeitsfirma einer Expo-Beschäftigten, die wegen Arbeitsmangel entlassen wurde, 100 Mark Abfindung angeboten haben. Die 20-Jährige forderte ein Monatsgehalt. Im August muss sich jetzt das Arbeitsgericht mit dem Fall befassen. Insgesamt haben mittlerweile fast 1900 Leute auf der Expo ihre Stelle verloren – oder ihnen wurde gekündigt, bevor sie überhaupt die Arbeit antreten konnten. (wst)