Mit dem Akkuschrauber am ICE 4: Deutsche Bahn lernt in VR
Die Deutsche Bahn experimentiert nicht nur mit Virtual Reality, sondern entwickelt bereits konkrete Schulungs-Anwendungen zur Ausbildung von ICE-4-Personal. heise online hat auf der CeBIT LokfĂĽhrer gespielt.
Dass man in Virtual Reality oft schneller, besser und effektiver lernt als mit traditionellen Methoden ist kein Geheimnis – auf etlichen Tagungen werden aufgeregt Ideen dafür präsentiert, Prototypen vorgestellt und auch die Forschung forscht emsig zum Thema. Nur: Im Alltag an Schulen und Unternehmen findet man bislang so gut wie keine VR-Lern-Anwendungen.
Ausgerechnet bei der nicht als Hort der Modernität bekannten Deutschen Bahn wird bereits jetzt VR-Schulungs-Software entwickelt – und zwar nicht von einer hippen Agentur im Auftrag der Bahn, sondern direkt bei der Bahn-eigenen IT-Firma DB Systel in Frankfurt. Oder besser gesagt in deren Innovations-Abteilung Skydeck. Die heißt so, weil sie im 30. Stockwerk des Silberturms im Frankfurter Bahnhofsviertel residiert.
"Ich wollte dahin, wo die VR-Freaks hinkommen"
Einer der Väter ist der Informatiker Claus-Peter Gabriel. Auf der CeBIT führte er die Demo-Anwendung vor – und zwar nicht am Bahn-Hauptstand in Halle 11, sondern in der eher improvisiert wirkenden VR-Halle 17, in einer schmucklosen, kleiderschrankgroßen Nische. "Ich wollte dahin, wo auch die VR-Freaks hinkommen", sagt Gabriel, der täglich neun Stunden als One-Man-Show den Mini-Stand bespielte. Statt im Hotel schlief er beim Hannoveraner VR-Meetup-Organisator Gunnar Gertzen – in dessen Werkstatt.
Während andere traditionelle Unternehmen mit der Digitalisierung und der hemdsärmeligen Tech-Start-up-Kultur fremdeln, zeigt der Systel-Projektleiter, wie's geht: Statt aus sicherer Entfernung die Veränderungen zu beobachten: einfach mitmachen beim Disruptieren.
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ICE 4 in Virtual Reality
Claus-Peter Gabriel und das Systel-EVE-Team ("Engaging Virtual Education") haben den neuen ICE 4 als 3D-Modell gebaut und dieses in der Spiele-Engine Unity VR-begehbar gemacht.
Wir konnten auf der CeBIT eines der Lern-Szenarios ausprobieren: Der ICE 4 ist defekt und muss abgeschleppt werden. Dafür müssen wir im Führerstand die Feststellbremse korrekt aktivieren (nicht so leicht als Anfänger, das Cockpit hat viele Knöpfe) und die Bugklappe am vorderen Teil des Zugs öffnen. Per Teleport-Mechanismus bewegen wir uns nach draußen vor den Zug und öffnen mit einem Vierkant-Schlüssel und einem Akkuschrauber die Bugklappe – voilá, zum Vorschein kommt die Zug-Kupplung.
Die Bahn-Demo zeigt anschaulich, warum VR-Lernen so gut funktioniert: Man ist danach tatsächlich davon überzeugt, dass man nun einen Zug zum Abschleppen vorbereiten kann, die Arbeitsschritte sind erlebt und abgespeichert – mit einer schnöden Text-Bild-Anleitung hätte das so schnell sicher nicht geklappt. (jkj)