Mitarbeiter der "New York Times" in China angeklagt

Die chinesischen Sicherheitsgesetze würden zunehmend zur Eindämmung von Debatten im Internet oder zur Kontrolle von Informationen auch in chinesischen Medien eingesetzt, beklagen Menschenrechtsorganisationen.

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Von
  • dpa

Zum Prozessauftakt gegen den chinesischen Mitarbeiter der New York Times, Zhao Yan, haben Menschenrechtler die sofortige Freilassung des 44-Jährigen gefordert. Zu dem Prozess vor dem Zweiten Volksgericht der chinesischen Hauptstadt waren am Freitag keine Beobachter zugelassen. Dem Assistenten im Korrespondentenbüro der New York Times in Peking wird "Verrat von Staatsgeheimnissen" und Betrug vorgeworfen. Dass Zhao Yan schon seit 22 Monaten willkürlich in Haft gehalten werde, sei eine "eklatante Verletzung chinesischen und internationalen Rechts", schrieb die in New York ansässige Menschenrechtsgruppe Human Rights in China (HRiC).

Zhao Yan drohen mindestens zehn Jahre Haft. Die Anklage steht im Zusammenhang mit einem Artikel in der New York Times im September 2004 über den Rückzug des früheren Staats- und Parteichefs Jiang Zemin aus der mächtigen Militärkommission, der zwei Wochen später erfolgte. Die Anklage wirft dem kurze Zeit später festgenommenen Zhao Yan zwar nicht vor, diese Information besorgt zu haben, bezieht sich aber vor allem auf handschriftliche Notizen vom Juli 2004 über Rivalitäten zwischen Jiang Zemin und seinem Nachfolger Hu Jintao bei der möglichen Beförderung von zwei Generälen. Diese Informationen standen ebenfalls in dem Artikel über Jiang Zemin vom September.

Kritiker werfen den chinesischen Behörden vor, praktisch alle staatlich kontrollierten Informationen als Staatsgeheimnisse klassifizieren zu können, selbst solche, die längst öffentlich bekannt sind. Die Sicherheitsgesetze würden zunehmend zur Eindämmung von Debatten im Internet oder zur Kontrolle von Informationen auch in chinesischen Medien eingesetzt. Erst im März war die Anklage gegen Zhao Yan zurückgezogen worden, was Hoffnungen auf eine Freilassung weckte. Doch legte der Staatsanwalt im Mai die Vorwürfe fast gleich lautend wieder vor. Die US-Regierung hat wiederholt die Freilassung von Zhao Yan gefordert. (dpa) / (jk)