Mobilfunk-Booster: EU-Rechnungshof beklagt stockenden 5G-Ausbau

Der Aufbau von 5G-Netzen in den EU-Staaten kommt nur sehr zögerlich voran, warnen die Prüfer. Die Mobilfunk-Sicherheit werde nicht einheitlich gewährleistet.

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(Bild: Iaremenko Sergii/Shutterstock.com)

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Der Europäische Rechnungshof fordert einen "Booster" und "neue Impulse", um die Einführung von 5G in der EU voranzutreiben. Der Aufbau der Netze für die neue Mobilfunkgeneration laufe sehr zäh, rügen die Kassenprüfer in einem am Montag veröffentlichten Sonderbericht. Die EU laufe daher Gefahr, ihre ambitionierten Ziele für Zugang zu und der Versorgung mit 5G zu verfehlen. Zudem seien weitere Anstrengungen nötig, um die Sicherheit rund um den Mobilfunkstandard EU-weit sicherzustellen.

In einem Aktionsplan habe die EU-Kommission 2016 die Vorgabe gemacht, 5G bis 2025 in allen städtischen Gebieten und entlang aller wichtigen Verkehrswege einzuführen, heißt es in dem Bericht. Im März 2021 habe sie ferner die EU-weite 5G-Versorgung bis 2030 gefordert. Bislang habe aber nur die Hälfte der Mitgliedstaaten diese Messlatten in ihre nationalen 5G-Strategien aufgenommen.

Mit Ausnahme von Litauen, Malta, Portugal und Zypern haben laut dem Rechnungshof alle EU-Länder wenigstens das Zwischenziel von 2020 erreicht, mindestens eine Großstadt mit 5G zu versorgen. Viele der Staaten lägen beim Auf- und Ausbau ihrer 5G-Netze jedoch hinter dem Zeitplan.

Nach Ansicht der Kommission bestehe bei sechzehn Mitgliedern wie Deutschland, Irland, den Niederlanden, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien und Tschechien bestenfalls eine mittlere und schlimmstenfalls geringe Wahrscheinlichkeit, die Maßgaben für 2025 einzuhalten. Nachzügler seien vor allem Belgien, Bulgarien, Griechenland, Kroatien und Zypern. Nun drohten teils Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Verstoß gegen den EU-Kodex für die elektronische Kommunikation.

Bis November 2021 haben dem Bericht zufolge 23 Mitgliedstaaten die EU-Richtlinie, in der etwa Fristen für die Vergabe erster 5G-Frequenzbänder vorgesehen sind, noch nicht in nationales Recht umgesetzt. Die Prüfer betonen, dass die EU so ihre Ziele für das laufende Jahrzehnt beim derzeitigen Umsetzungstempo höchstwahrscheinlich verfehlen werde.

Vor allem im internationalen Vergleich zeigen sich Lücken beim Ausbau, ist der Analyse zu entnehmen. Bis 2025 werden laut den Prognosen der GSM Association nur 35 Prozent der Mobilfunknetze in Europa 5G unterstützen. In Nordamerika soll sich der Anteil gleichzeitig schon auf 51 Prozent belaufen, in Australien, Japan und Südkorea sogar auf 53 Prozent.

In seiner Kritik spart der Rechnungshof die Kommission nicht aus. Diese habe die EU-Länder zwar durch verschiedene Initiativen, Leitlinien sowie Fördermittel unterstützt. Das erwartete Qualitätsniveau der 5G-Dienste habe sie jedoch nie klar definiert. Dies könnte zu Ungleichheiten beim Zugang zu 5G-Diensten und bei deren Qualität in der gesamten EU führen und die "digitale Kluft" weiter vergrößern.

Die Gemeinschaft sei so "noch weit davon entfernt, in den vollen Genuss der Vorteile von 5G zu kommen", monierte Annemie Turtelboom, die als Mitglied des Rechnungshofs die Arbeiten an dem Bericht leitete. Dabei seien darauf aufbauende Dienste eine Grundvoraussetzung für ein breites Spektrum von Anwendungen, die zahlreichen Bereiche der EU-Wirtschaft sowie dem Alltagsleben der Bürger nutzten. Schätzungen zufolge könnte das europäische Bruttoinlandsprodukt durch 5G zwischen 2021 und 2025 um bis zu 1 Billion Euro wachsen.

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Auch den Aspekt der technologischen Souveränität der EU bringen die Prüfer ins Spiel. Da nur wenige Unternehmen in der Lage seien, 5G-Netze aufzubauen und zu betreiben, wachse die Abhängigkeit von diesen Anbietern sowie das Risiko einer Einmischung durch "feindlich gesinnte staatliche Akteure". Sechs der acht größten Netzwerkausrüster wie Huawei (China) und Samsung (Südkorea) seien nicht in der EU ansässig. Deren Rechtsvorschriften könnten – etwa beim Datenschutz – "stark von EU-Standards abweichen".

Die Kommission habe 2020 zwar ein EU-Instrumentarium für die 5G-Cybersicherheit verabschiedet, erkennt der Rechnungshof an. Für eine Reihe von Mobilfunknetzbetreibern, die ihre Anbieter bereits ausgewählt hatten, sei dieser Schritt jedoch zu spät gekommen. Die Mitgliedsstaaten müssten die Maßnahmen aus dem Werkzeugkasten zudem nicht bindend implementieren. Ein zwingender Ausschluss von "Hochrisiko-Anbietern" ohne Übergangszeit dürfte wiederum sehr kostspielig sein, da passender Ersatz gefunden werden müsste.

Die Prüfer weisen zudem darauf hin, dass die Öffentlichkeit kaum darüber informiert werde, wie die EU-Länder mit Kernfragen der 5G-Sicherheit umgingen. Dies erschwere ein abgestimmtes Vorgehen und schränke die Kommission in ihren Möglichkeiten ein, Verbesserungen bei der Sicherheit der 5G-Netze auf den Weg zu bringen. Bislang habe Brüsseler Regierungsinstitution auch nicht ausgelotet, welche Auswirkungen es hätte, wenn ein Mitgliedstaat seine 5G-Netze unter Einsatz der Technik eines als äußerst riskant eingeschätzten Anbieters aufbauen würde.

(mho)