Mobilfunkpakt für schnellen Ausbau des Sendenetzes in Bayern

Mit einem Mobilfunkpakt will Bayern den Ausbau des Sendenetzes beschleunigen und Konflikte über Antennenstandorte möglichst vermeiden.

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Von
  • Jürgen Kuri

Mit einem Mobilfunkpakt will Bayern den Ausbau des Sendenetzes beschleunigen und Konflikte über Antennenstandorte möglichst vermeiden. Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) kündigte am Freitag in Nürnberg an, noch in der ersten Jahreshälfte solle eine entsprechende Vereinbarung zwischen den kommunalen Spitzenverbänden, den Mobilfunkbetreibern und der Staatsregierung geschlossen werden. In Bayern gibt es nach Angaben des Ministers bei über neun Millionen Handy-Nutzern bisher rund 6.000 Antennenstandorte. Weitere 4.000 seien im Zuge des Aufbaus des UMTS-Netzes bis zum Jahr 2005 geplant. Ziel des Paktes sei es, Städte und Gemeinden von Anfang an in die Planungen für den Netzausbau einzubinden, sagte Schnappauf auf einer Tagung mit Vertretern von Kommunen und Mobilfunkbetreibern. Deshalb sollten die kommunale Mitwirkung bei der Auswahl der Sendestandorte und der Umgang mit sensiblen Nutzungen festgeschrieben werden.

Schnappauf zog zugleich eine Zwischenbilanz über ein seit einem halben Jahr laufendes Pilotprojekt zur besseren Kooperation von Kommunen und Mobilfunkbetreibern. Es umfasst 60 Gemeinden bis 20.000 Einwohner sowie die Städte Augsburg, Erlangen, Ingolstadt, Landshut, Passau und Regensburg. In den Großstädten funktioniere die Standortplanung an "Runden Tischen" bereits gut, sagte der Minister. Kleinere Gemeinden täten sich dagegen schwerer. "Dort bestehen Berührungsängste." Schnappauf warnte jedoch eindringlich davor, dass der ländliche Raum beim Ausbau des Mobilfunknetzes abgehängt werden könnte. Damit verlören diese Regionen Entwicklungs- und Arbeitsplatzchancen.

Die kommunalen Spitzenverbände in Bayern, der Städtetag und der Gemeindetag, forderten auf der Tagung in Nürnberg größere Kompromissbereitschaft der Mobilfunkbetreiber. Bei den Bürgern wüchsen die Befürchtungen über schädliche Gesundheitsauswirkungen der Sendeanlagen. Die Kommunen hätten jedoch keine rechtlichen Möglichkeiten, die Anlangen zu verhindern. Die Verbände forderten die Betreiber auf, bei der Suche nach Antennenstandorten transparent zu verfahren, die Kommunen frühzeitig einzubeziehen und die Bevölkerung besser zu informieren. Sie sollten auch einen technisch nicht optimalen Standort in Kauf nehmen, wenn dies dem sozialen Frieden diene.

Nach Schnappaufs Worten haben Studien bisher keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Mobilfunkanlagen und einer Gesundheitsgefährdung ergeben. Dennoch müssten die Befürchtungen ernst genommen werden: "Auch Ängste können krank machen." Schnappauf konnte sich eine Volte gegen die Gegner von Mobilfunkmasten nicht verkneifen: "Jeder will ein Handy, keiner will die Antenne", meinte der bayerische Umweltminister laut dpa.

Für die Mobilfunkbetreiber kündigte der Leiter Technik der Telekom-Tochter T-Mobile in Nürnberg, Michael Keller, einen weiteren intensiven Ausbau der Mobilfunkstandorte an. Für ausreichende Netzkapazität und -qualität seien Standorte innerhalb der Bebauung unerlässlich. Grundsätzlich gelte: "Je näher Nutzer und Sendestation beieinander sind, umso niedriger ist die erforderliche Leistung von Sendeanlage und Handy und damit die Gesamtimmission." Der Branchenverband Informationszentrum Mobilfunk in Berlin, der die Netzbetreiber vertritt, nannte die bayerischen Vereinbarungen einen "Meilenstein" für den Dialog von Unternehmen und Gemeinden. Ein Sprecher kündigte eine "Informationsoffensive" der Betreiber an.

Beim Ausbau des Mobilfunknetzes stecken die Kommunen nach den Worten des Nürnberger Umweltreferenten Michael Webersinn allerdings im Dilemma. Besorgte Bürger erwarteten, dass im Rathaus ihre Interessen vertreten und neue Antennen verhindert würden. Rechtlich hätten die Kommunen dazu aber keine Möglichkeiten, erklärte Webersinn in einem dpa-Gespräch. "Das ist eine schwierige Gratwanderung." So sei der Bau von Sendeantennen mit bis zu 10 Metern Höhe nicht genehmigungspflichtig. Doch viele Bürger reagierten mit Emotionen und Ängsten, wenn ihnen plötzlich eine Sendemast vor die Nase gesetzt werde.

Allein in Nürnberg gibt es nach Webersinns Angaben bis zu 500 Antennenstandorte für den Mobilfunk. In den nächsten Jahren erwarte man eine Verdoppelung. Webersinn forderte die Betreiber auf, das direkte Gespräch mit den Bürgern zu suchen. "Es nützt ihnen nichts zu mauern", sagte er. Sie sollten über ihre Planungen ebenso offen aufklären wie über Erkenntnisse zu möglichen Gesundheitsbelastungen. Die Stadt Nürnberg hat nach Webersinns Angaben alle bestehenden und neuen Antennenstandorte in einem Kataster erfasst, das im Internet eingesehen werden kann. Außerdem solle in Kürze eine Messkampagne beginnen. An 18 so genannten sensiblen Standorten werde die von den Sendern ausgehende Strahlung gemessen. Als "sensibel" gilt etwa die Umgebung von Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten. (jk)