Mozilla-Studie findet Dark Patterns bei Microsoft

Microsoft verwendet zahlreiche manipulative Verfahren, um Windows-Nutzern den eigenen Browser Edge unterzujubeln, monieren Forscher im Auftrag von Mozilla.

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Mozilla wirft Microsoft vor, Nutzer zu Edge zu drängen.

(Bild: DANIEL CONSTANTE/Shutterstock.com)

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Mozilla hat eine Studie veröffentlicht, wonach Microsoft wiederholt "schädliche" Designtricks wie "Dark Patterns" verwendet, um Windows-Nutzern Microsoft Edge aufzudrängen und sie vom Einsatz konkurrierender Browser wie Mozillas Firefox, Google Chrome oder Apples Safari abzubringen. Wenn ein Anwender einen neuen Browser herunterladen und installieren will, baut der Softwareriese demnach auf die Muster "Vorauswahl", "visuelle Einmischung", "getarnte Werbung" und trickreiche Formulierungen, um die Auswahlmöglichkeiten zu verzerren. Versuche ein Nutzer trotzdem, einen alternativen Browser als Standard festzulegen, setze Microsoft auf Abwehrtaktiken, um ihn vom Wechsel abzubringen.

Der Konzern weigere sich zugleich, die entsprechende Standard-App für verschiedene lokale webbezogene Dateitypen neu festzulegen, schreiben die Wissenschaftler Harry Brignull und Cennydd Bowles, die Mozilla mit der Untersuchung beauftragt hat. Sie sind in den Bereichen Kognitionswissenschaft und Technologie-Ethik tätig. Apps und Funktionen wie die Suche in der Taskleiste, Widgets, Outlook, Teams und Copilot in der Windows-Vorschau erzwängen entsprechende Aktionen: Sie öffneten Links in Edge und ignorierten dabei die Standardbrowser-Einstellung. Microsoft habe dafür offenbar ein Protokoll "microsoft-edge://" erstellt hat, das anstelle von Standard-Webprotokollen wie "https://" verwendet werde.

Halte ein User dennoch an einem alternativen Browser fest, greift Microsoft laut der Analyse mit dem Titel "Over the Edge" erneut tief in die Kiste der negativ besetzten Design-Tricks, um den Abspenstigen zurück zu Edge zu drängen. Alles beginne schon, sollte ein Anwender einen anderen Browser auf eine neue Windows 10- oder 11-Installation herunterladen wollen. Seine einzig realistische Option bestehe dann zunächst darin, Microsoft Edge zu öffnen. Dieser Browser durchlaufe dann eine Reihe von Schritten, die als First Run Experience bezeichnet werden. Dabei handle es sich um einen "Trichter", in dem der Nutzer dazu aufgefordert werde, seine Daten und Voreinstellungen aus zuvor verwendeten Browsern zu importieren.

Dabei handle es sich zwar um eine gängige Praxis auch anderer Hersteller, schreiben die Experten, die ihre Unabhängigkeit betonen. Da Edge jedoch der einzige vorinstallierte Browser sei, "muss praktisch jeder Windows-Benutzer die Edge First Run Experience absolvieren, bevor er das Internet nutzen oder einen alternativen Browser herunterladen kann". Übersehe ein User im Anschluss ein graues Kontrollkästchen, beginne Microsoft damit, das Verhalten in Edge zu tracken und diese Daten für kommerzielle Zwecke zu verwenden. Von Datenerfassung und gezielter Werbung sei bei der Auswahl gar keine Rede.

Die Forscher schlussfolgern, die Designpraktiken führten dazu, dass Nutzer "einen alternativen Browser nicht ohne Beeinträchtigung herunterladen, installieren, verwenden oder als Standard festlegen können". Die Tricks könnten etwa zu Verbraucherschäden wie Verzerrung, Anreiz zur nicht einvernehmlichen Datenweitergabe und "emotionalem Stress" führen. Auch ein Vertrauensverlust in den Technologiesektor und Schäden für den gesamten Markt aufgrund ausbleibender Browser-Innovationen lägen nahe. Für den Einsatz dieser Techniken in Form einer "absichtlichen und anhaltenden Kampagne" gebe es keine Rechtfertigung, sodass er sofort unterbunden werden sollte. Gegebenenfalls seien regulatorische Eingriffe nötig.

Einen anderen Ansatz schreibe etwa die EU bereits mit dem Digital Markets Act (DMA) vor, konstatieren die Autoren. Wenn der Nutzer seinen PC zum ersten Mal einrichtet, sollte das Betriebssystem den Anwender demnach anhand eines Auswahlbildschirms wie bei Apple fragen, welchen Browser er verwenden möchte und dann die Festlegung respektieren. Einem Bericht zufolge wird die EU-Kommission Edge aber nicht als "Torwächter" im DMA-Sinne einstufen, sodass die Vorgaben aus der Verordnung nicht dafür gälten. Viel gebracht hat Microsoft die Gängelung bislang nicht: Laut den globalen Zahlen von StatCounter für Januar dominiert Chrome weiter mit 64,38 Prozent Marktanteil, gefolgt von Safari mit 18,86 Prozent. Edge kommt auf 5,35, Firefox auf 3,3 Prozent. Microsoft äußerte sich gegenüber PCMag zunächst nicht zu den Vorwürfen.

(nie)