Musikindustrie verklagt spanischen P2P-Entwickler

Der Entwickler des proprietären Filesharing-Protokolls MP2P und Betreiber einiger Filesharing-Seiten wurde vom spanischen Arm der IFPI auf Schadenersatz in Millionenhöhe und Schließung seiner Websites verklagt.

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Die spanische Musikindustrie hat einen Entwickler von P2P-Software auf Schadenersatz von mehr als 13 Millionen Euro verklagt. Der Madrilene Pablo Soto hat laut spanischen Medienberichten mit seinem Unternehmen MP2P Technologies das proprietäre P2P-Protokoll Manolito (auch MP2P genannt) sowie die darauf basierenden Filesharing-Anwendungen Blubster und Piolet entwickelt. In der Klage vor einem Madrider Handelsgericht wirft der spanische Verband der Musikindustrie (Promusicae) dem 28-jährigen Soto "parasitäres Verhalten" vor, er verbreite seine Software mit "klarer Gewinnerzielungsabsicht".

Nach Angaben von Promusicae, das in diesem Fall die spanischen Niederlassungen der vier Major Labels Warner Music, Universal Music, EMI und Sony BMG vertritt, nutzen rund 20 Millionen Menschen Sotos Software, die auf über 100 Websites zum Einsatz komme. Die Schadensersatzforderung von über 13 Millionen Euro sei Ergebnis einer "konservativen Schätzung", erklärte der Verband, der auch die sofortige Schließung der betroffenen Websites forderte. Die Websites dienten ausschließlich dem Zweck, Musik zu verbreiten, da andere Formate als MP3, WMA oder Ogg Vorbis nicht zugelassen seien, heißt es in einer Mitteilung (PDF-Datei) des Verbands.

Soto selbst stecke hinter den mit den Angeboten verbundenen Unternehmen und verdiene einerseits mit dem Verkauf der Premium-Versionen der ansonsten freien Software für 14,95 Euro, andererseits mit Werbung auf den reichweitenstarken Seiten. "Soto erstellt und vertreibt ein Werkzeug, das Menschen zum Download geschützter Werke verleitet", meinte Verbandschef Antonio Guisasola gegenüber der Tageszeitung El Pais. Zwar sei auch Musik unter Copyleft-Lizenz oder in der Public Domain erhältlich, doch "99,9 Prozent sind urheberrechtlich geschützt".

Soto selbst gab sich von der Klage einigermaßen überrascht, obwohl er einen Schritt der Musikindustrie "schon lange erwartet" hatte. Dass er nun für die Nutzung seiner Software durch Dritte zur Verantwortung gezogen werden soll, kann er nicht nachvollziehen – ähnlich hatten auch Grokster/Streamcast in den USA argumentiert. Der Supreme Court hatte aber Mitte 2005 entschieden, dass die Filesharing-Software von Grokster/Streamcast für illegale Zwecke gedacht gewesen sei beziehungsweise dafür, dass die Nutzer zu illegalen Handlungen angestiftet werden sollten: Hersteller von Geräten oder Software, die mit der Möglichkeit zur Copyright-Verletzung promotet würden, könnten auch für die Rechtsverletzungen Dritter, die die Geräte oder die Software nutzten, verantwortlich gemacht werden.

Laut El Pais vermutet Soto, dass es der Musikindustrie auch um die Attacke auf ein alternatives Vertriebsmodell geht, das im Gegensatz zum traditionellen Industriemodell steht. Darüber hinaus seien die Bemühungen der Industrie, einzelne Filesharer zu verklagen, von den Gerichten ausgebremst worden. Soto will sich laut einer Mitteilung gegen die Anschuldigungen mit allen Mitteln zur Wehr setzen. Seine Anwälte fragen, warum die Musikindustrie nun nicht auch die Netzbetreiber verklagt – oder gleich Tim Berners-Lee. (vbr)