NAB: Apple erfreut die Videoprofis [Update]

Der Computer-Hersteller Apple nutzt die jährliche Leistungsschau der National Association of Broadcasters (NAB) zur Werbung für das neue Mac OS X Tiger und stellte die Anwendungssuite Final Cut Studio vor.

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Von
  • Erich Bonnert

Auf der NAB-Show, der amerikanischen Variante der Funkausstellung mit langer Tradition in Las Vegas, hat sich Apple-Chef Steve Jobs noch nie blicken lassen. Für sein Lieblingsprojekt "Tiger" aber ist die Veranstaltung der National Association of Broadcasters fraglos eine gute Schaubühne. So blieb es Frank Casanova, seines Zeichens Apple Senior Director of Product Marketing QuickTime and Graphics, vorbehalten, ganz kurz den Tiger von der Leine zu lassen.

Casanova zeigte die Stärken der integrierten Suchtechnik Spotlight bei der Suche nach Videodateien aus einer bestimmten Quelle; in diesem Fall war es "BBC", der britische Sender, für dessen Content Apple praktischerweise gerade umfassende Nutzungsvereinbarungen abgeschlossen hat. Die Suchmaschine findet nicht nur alle relevanten BBC-Files, sondern gruppiert diese auch in verschiedene Kategorien und legt gleich "smarte" Ordner dafür an. Die Videoclips selbst sowie die dafür notwendigen Codecs, Lizenzen, Signaturen und verfügbare Begleittexte sind übersichtlich sortiert auf einer Suchseite.

Mit der Vorführung von iChat wollte Casanova den Gebrauchswert der Videokonferenzfunktion für Filmproduzenten unterstreichen. Vier Web-Kameras oder Videoquellen können simultan in Konferenz treten. So lassen sich etwa Clips aus Video-Editierprogrammen zur gemeinsamen Betrachtung mit einblenden und während der Konferenz bearbeiten. Daneben kam auch Dashboard zur Ansicht, eine Sammlung interaktiver Hintergrundanwendungen, die auf einen Mausklick blitzschnell Kalender und Notizbuch oder aber Informationen über beispielsweise Wetter, Börsenkurse oder Sportergebnisse anzeigen und ebenso flink wieder verschwinden lassen.

Dies alles ging reibungslos über die Bühne. Casanova hatte mit vier einsatzbereiten Rechnern auf der Bühne vorgesorgt. Anders als bei der Vorführung von Steve Jobs im Januar -- damals fror das Betriebssystem teilweise bei einer Abfrage mit der neuen Suchtechnik Spotlight ein -- gab es dieses Mal aber keine Panne. Dies sorgte beim Fachpublikum bereits deutlich für Wohlgefallen. Ohnehin dürfte sich der Großteil der rund 2000 Zuhörer schon zu den Mac-Anhängern gezählt haben.

Richtig gut wurde die Stimmung dann bei der Ankündigung der Anwendungssuite Final Cut Studio: dem Video-Editierprogramm Final Cut Pro 5, Motion 2 zur Erstellung animierter Grafik, der neuen Audio-Software Soundtrack Pro und dem Produktionssystem DVD Studio Pro 4. Letzteres soll laut Apple Kodierarbeiten im Netz verteilen und Videos im kommenden HD-DVD-Format brennen.

An der aktualisierten Version 5 von Final Cut ist inbesondere die Verarbeitung unveränderter MPEG-2-Dateien aus HD-Videoquellen bemerkenswert. In der Vorgängerversion wie auch in iMovie müssen diese erst intern transkodiert werden. Großen Anklang beim Publikum fand auch die Fähigkeit, Sequenzen aus mehreren Kameras (bis zu 128, sowohl digital als auch analog) simultan im Editor zu betrachten und daraus Clips zu schneiden. Alle Änderungen am bearbeiteten Video sind in Echtzeit zu sehen ohne auf Originaldateien zurückzuschreiben. Dazu kommt die Unterstützung für bis zu 24 Audiokanäle.

Sony und Panasonic kündigten auf der Apple-Bühne neue HD-Camcorder an. Besonders das Panasonic-Modell P2, das ab Jahresende auf den Markt kommen soll, sorgte für Entzückensschreie. Der Preis von knapp 6000 Dollar liegt bei etwa einem Zehntel bisheriger digitaler Profi-Kameras. Die Vertreter beider japanischer Hersteller äußerten ihre Freude für die native Unterstützung ihrer Dateiformate durch Apple, "einem führenden Software-Hersteller dieser Branche", wie sich der Sony-Manager ausdrückte.

Beim neuen Audio-Programm Soundtrack Pro überzeugen am meisten die Werkzeuge zum Finden und Beseitigen von Aufnahmestörungen und Hintergrundgeräuschen. Außerdem liefert Apple über 1000 hauseigene Sound-Effekte und -Schleifen sowie 50 Plug-ins mit. Allein dies sei schon die Anschaffung wert, bemerkten spontan einige professionelle Anwender nach der Konferenz -- mit dem Verzicht auf externe Sound-Effekte würden umfangreiche CD-Stapel und mühsame Suchen hinfällig. Besonders komfortabel wäre die Nutzung dieser integrierten Bibliothek natürlich mit der Spotlight-Suche im Betriebssystem Tiger. Dies warf allseits die Frage auf, ob Tiger etwa Voraussetzung für die neue Suite sei. Dazu allerdings machte Apple während der Konferenz selbst keine Angaben.

Soundtrack Pro kostet einzeln knapp 290 Euro und soll wie Final Cut Studio ab Mai verfügbar sein. Letzteres wird im Apple Store 1250 Euro kosten, Final-Cut-Pro-Nutzer können für 679 Euro, Besitzer der Production Suite für 480 Euro auf die neue Suite upgraden. Informationen zu Preisen und Verfügbarkeit der anderen in der Suite enthaltenen, ebenfalls einzeln zu beziehenden Produkte will Apple in Kürze (Seite existiert momentan noch nicht) bekannt geben.

Abgerundet wird Apples Produktoffensive von der professionellen Compositing-Lösung Shake 4. Die Mac-OS-X-Version mit unlimitierten Render-Lizenzen soll ab Juni zum Preis von 2900 Euro verfügbar sein, eine Cross-Plattform-Version für 4800 Euro. Das Upgrade auf Version 4 kostet 970 Euro.

[Update]:
Zwar ließ Apple während der NAB-Konferenz nichts darüber verlauten, welche Systemvoraussetzungen für Final Cut Pro erfüllt sein müssen und ob die Suite etwa nur auf dem kommenden Mac OS X 10.4 "Tiger" läuft. In der auf Apples Website veröffentlichten Produktbeschreibung zu Final Cut Studio heißt es aber zu den "System Requirements": "Mac OS X v10.3.9 or Mac OS X v10.4 (or later); Core Image Units and 16- and 32-bit float rendering in Motion 2 require Mac OS X v10.4 or later." (Erich Bonnert) / (jk)