NASA-Sonde New Horizons: Arrokoth (aka Ultima Thule) bildete sich einst langsam

Zur Frage, wie Planeten ihren Anfang nehmen, gibt es zwei unterschiedliche Theorien. Die NASA-Sonde hat offenbar eine davon bestätigen können.

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NASA-Sonde New Horizons: Arrokoth bildete sich einst langsam

Arrokoth

(Bild: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute/Roman Tkachenko)

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Der inzwischen Arrokoth getaufte Himmelskörper im Kuipergürtel, den die NASA-Sonde New Horizons vor einem Jahr passiert hat, ist durch sich langsam einander nähernde Einzelteile entstanden. Das haben Wissenschaftler anhand der gesammelten Daten ermittelt und damit möglicherweise eine wichtige Frage zur Planetenentstehung beantwortet.

Das geht nun aus mehreren wissenschaftlichen Aufsätzen hervor, die im Fachmagazin Science veröffentlicht wurden. Der rekordträchtige Vorbeiflug an Arrokoth (damals noch "Ultima Thule" beziehungsweise 2014 MU69) am 1. Januar 2019 ist damit auch wissenschaftlich ein voller Erfolg.

New Horizons hatte als erste Sonde überhaupt einen Himmelskörper im Kuipergürtel besucht und sich Arrokoth bei dem Vorbeiflug auf bis zu 3500 Kilometer genähert. Sie raste mit einer Geschwindigkeit von mehr als 51.000 Kilometern pro Stunde an ihm vorbei, konnte aber jede Menge Daten sammeln. Weil Arrokoth deutlich kleiner ist als der Zwergplanet Pluto, den New Horizons vorher passiert hatte, war das Manöver eine viel größere Herausforderung. Schon die ersten empfangenen Nahaufnahmen hatten die ungewöhnliche Doppelgestalt des Himmelskörpers gezeigt, die einem zweiteiligen Schneemann gleicht. Inzwischen haben die Forscher aus den Bildern und Daten jede Menge gelernt.

Wie die Wissenschaftler nun erklären, gab es bislang zwei unterschiedliche Theorien über die Anfänge von Planetesimalen (Vorläufer von Planeten) und Planeten. Entweder wachsen die durch Kollisionen der immer weiter wachsenden Brocken in einem entstehenden Planetensystem oder durch die langsame und kontinuierliche Zusammenklumpung dieser Grundbausteine. Arrokoth liefert demnach nun gleich mehrere Anzeichen dafür, dass die zweite Theorie der Wahrheit entspricht. So sehe der Himmelskörper so aus, wie er aussieht, weil er aus einem "komplizierten Tanz" der beiden großen Brocken entstand und nicht aus einer gewaltigen Kollision. Die beiden Komponenten haben sich eher langsam umkreist und schließlich verbunden.

Annäherung an Arrokoth (Ultima Thule) (14 Bilder)

Ultima Thule während des Anflugs von New Horizons (Zeitangaben in Uinversal Time, also MEZ - 1h): links jeweils in einheitlicher, rechts in Originalgröße
(Bild: NASA/Johns Hopkins Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute/National Optical Astronomy Observatory)

Die gleichmäßige Farbgebung unterstütze diese Interpretation, deute sie doch darauf hin, dass der Himmelskörper aus Material entstanden ist, das sich schon von Anfang an nah war. Wäre er aus Teilen entstanden, die aus unterschiedlichen Regionen der ursprünglichen Staubscheibe stammen und kollidierten, müsste man dieses "Mischmasch" erkennen. Auch die auffallend übereinstimmenden Pole der beiden Komponenten und das aus ihnen entstandenen Himmelskörpers sind demnach Folge einer geordneten Zusammenführung. Gleichzeitig zeige die relativ glatte Oberfläche, dass Arrokoth seit seiner Entstehung gut erhalten geblieben ist und wirklich einen Blick in die Planetenentstehungsphase des Sonnensystems erlaubt.

Für die Verantwortlichen von New Horizons sind diese Ergebnisse ein weiterer Erfolg in der bereits historischen Missionsgeschichte. Die NASA-Sonde war am 14. Juli 2015 als erste Sonde überhaupt am Zwergplaneten Pluto vorbeigerast und hatte eine überraschend komplexe Welt vorgefunden. Weil die Sonde dort nicht abbremsen konnte, raste sie weiter in Richtung der Grenze unseres Sonnensystems und passierte schließlich Arrokoth. Inzwischen ist New Horizons 7,1 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt und mit 50.400 Kilometern pro Stunde unterwegs. Im Sommer soll mit Teleskopen nach weiteren Objekten im Kuipergürtel gesucht werden, die New Horizons erforschen und möglicherweise sogar passieren könnte – sollte der Treibstoff dafür ausreichen.

Pluto-Sonde New Horizons (67 Bilder)

Plutos Oberfläche
(Bild: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute)

(mho)