NASA: SpaceX könnte Boeings Starliner-Astronauten zurückbringen, aber erst 2025

Die Sicherheit der Boeing-Raumkapsel ist umstritten, die Rückkehr könnte ohne Besatzung erfolgen. SpaceX würde für die Astronauten einspringen - Anfang 2025.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 195 Kommentare lesen
Starliner-Raumkapsel angedockt an ISS über der Erde

Boeing Starliner angedockt an ISS

(Bild: NASA)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Frank Schräer
Inhaltsverzeichnis

Die Rückkehr von Boeings Starliner-Raumschiff von der Internationalen Raumstation ISS zur Erde mit ihren beiden Astronauten ist weiterhin offen, aber innerhalb der nächsten Wochen soll eine Entscheidung fallen. Die NASA hat Optionen, aber steht vor einer schwierigen Entscheidung. Sollte ein Rückflug der Raumkapsel nicht ausreichend sicher sein, könnte SpaceX die Astronauten zurückbringen, allerdings erst Anfang des nächsten Jahres. Damit könnte die erste bemannte Starliner-Mission als gescheitert betrachtet werden – ein Desaster insbesondere für Boeing.

NASA-Offizielle erklärten am gestrigen Mittwoch, dass es interne Dissonanzen über die Starliner-Sicherheit gibt zwischen Boeing und der US-Weltraumbehörde. Während der Hersteller der Raumkapsel den Rückflug als ausreichend sicher einstuft, hat die NASA Bedenken ob der Sicherheit ihrer Astronauten. Sollten die Bedenken überwiegen, könnte Starliner unbemannt und automatisiert zur Erde zurückkehren. Die beiden Starliner-Astronauten würden dann im Rahmen von SpaceX-Missionen zurückgebracht.

Diese Möglichkeit ist einer der Gründe, dass die NASA Anfang dieser Woche den Start der Crew-9-Mission von ursprünglich 18. August auf frühestens 24. September verschoben hat. Denn sollte diese Mission weitere Passagiere von der ISS zur Erde zurückbringen an Bord der Crew Dragon von SpaceX, würden nicht die geplanten vier Astronauten die Crew-9-Mission antreten, sondern nur zwei, damit genug Platz ist in der Raumkapsel für zusätzliche Rückkehrer. Darüber müsse noch Mitte dieses Monats entschieden werden, berichtet Ars Technica.

Mitte Juli hat die NASA SpaceX bereits beauftragt, bis Mitte August eine "Spezialstudie für Notfallmaßnahmen" vorzulegen. Dafür hat das Weltraumunternehmen von Elon Musk einen Festpreis von 266.678 US-Dollar bekommen. Offiziell wurde das nicht mit den Starliner-Problemen begründet, aber laut interner Quellen war das tatsächlich der Grund.

Allerdings könnte Starliner seine beiden Astronauten auch selbst zurückbringen, aber dafür müsste Boeing die NASA von der Sicherheit der Raumkapsel erst noch überzeugen. Es gab bereits beim Flug zur ISS Triebwerksprobleme, die Starliner zu einem längeren Aufenthalt an der ISS gezwungen haben. So waren fünf Triebwerke ausgefallen, vier davon konnten wieder in Betrieb genommen werden. Zusätzlich waren fünf Heliumlecks aufgetreten, eines davon bereits vor dem Start. Die Ingenieure gehen mittlerweile davon aus, dass die Lecks mit den Triebwerksaktivitäten zusammenhängen.

Zusätzlich haben die auf der Erde durchgeführten Prüfungen der Starliner-Triebwerke zuletzt bisher ungeklärte Auffälligkeiten gezeigt. Die Ausfälle konnten nachvollzogen werden, aber dabei hat sich eine Teflondichtung ausgedehnt und gewölbt. Das könnte den Fluss des Treibstoffs beeinträchtigt haben, was zur Abschaltung der Triebwerke geführt haben könnte. Die Ingenieure können sich bislang nicht erklären, warum sich die Teflondichtung derart verformt hat und ob dies bei der Rückkehr zur Erde erneut auftreten wird.

Boeing-Ingenieure sind zwar überzeugt, dass dies nicht wieder passieren wird, aber die NASA will das Phänomen besser verstehen und erklären können. Denn die zuvor bereits ausgefallenen Triebwerke werden benötigt zur Steuerung der Raumkapsel beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Doch bislang haben sich NASA und Boeing nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können. Möglicherweise müsse diese Entscheidung letztendlich von der NASA-Führungsebene getroffen werden.

Sollte Starliner unbemannt zur Erde zurückkehren, muss allerdings noch die Software der Raumkapsel aktualisiert werden. Zwar kann Starliner grundsätzlich selbstständig und ohne manuelle Steuerung fliegen, das hatten unbemannte Testflüge von Starliner zur ISS zuletzt 2022 gezeigt. Doch das Raumschiff ist jetzt für den Flug mit Astronauten konfiguriert, sodass die Software in manchen Fällen Eingaben von der Besatzung erwartet. Für einen autonomen Rückflug muss die Software wieder auf den Stand von 2022 gebracht werden.

"Im Wesentlichen bitten wir das Team, zwei Jahre in die Vergangenheit zurückzureisen und die Softwareparameter wiederherzustellen, die erforderlich sind, um automatisch auf Ausbrüche in der Nähe der ISS zu reagieren, falls es in der Nähe der ISS zu Problemen kommt. Die Software ermöglicht ihnen jetzt, dies manuell zu tun", sagte NASA-Manager Steve Stich bei dem Briefing. "Das Team aktualisiert diese Missionsdaten immer, wenn sich verschiedene Dinge ändern."

In den letzten beiden Jahren wurde an diesem Teil der Software nicht mehr gearbeitet. Das Update muss deshalb zunächst eingehend getestet werden, was rund vier Wochen dauern soll. Sollte die NASA Mitte August entscheiden, Starliner autonom zurückzubringen und SpaceX die Astronauten zurücktransportieren, könnte die Boeing-Raumkapsel die ISS also in der zweiten Septemberhälfte verlassen und Platz für die Crew-9-Mission schaffen.

Interessanterweise war bei diesem NASA-Briefing laut Spacenews kein Repräsentant von Boeing anwesend. Letztendlich ist Boeing nur ein Auftragnehmer der NASA und die Weltraumbehörde muss die schwierige Entscheidung treffen. Ist Starliner sicher genug für den Rückflug mit Astronauten an Bord? Falls nicht, könnte Boeing das Starliner-Progamm einstellen und der NASA bliebe nur noch SpaceX als Partner für bemannte Weltraummissionen.

(fds)