NSA-Affäre: Briten sollen im Nahen Osten Unterseekabel anzapfen
An einer Station im Nahen Osten sollen die Briten im großen Umfang Unterseekabel anzapfen und die Daten durchforsten. Die Informationen würden den Geheimdiensten GCHQ und NSA zur Verfügung stehen, berichtet der Independent.
Großbritannien betreibt im Nahen Osten eine geheime Abhörstation, um in großen Mengen E-Mails, Telefongespräche und Datenverkehr abzufangen und zu verarbeiten. Das berichtet der britische Independent unter Berufung auf weitere Dokumente des NSA-Whistleblowers Edward Snowden. An der Anlage, die Teil des umfangreichen Programms Tempora sei, sei es möglich, direkt die durchgeleiteten Inhalte von Untersee-Glasfaserkabeln abzugreifen. Die Informationen würden dann an den britischen Geheimdienst GCHQ und die US-amerikanische NSA weitergegeben.
Ihren genauen Standort nennt die Zeitung nicht, aber sie erklärt, die Station werde von Briten und US-Amerikanern als besonders wertvoll erachtet. Alle Daten, die durch die angezapften Unterseekabel fließen, würden in gigantische Speicher geladen und dann durchsucht. Die Errichtung der Anlage sei vom damaligen Außenminister David Miliband genehmigt worden – er war von Juni 2007 bis September 2010 im Amt. Er habe es dem GCHQ erlaubt, Informationen über "politische Vorhaben anderer Staaten", Terrorismus, Waffenlieferung, Söldner sowie private Militärunternehmen und schweren Finanzbetrug zu sammeln.
Die amtliche Erlaubnis für diese Operation muss alle sechs Monate erneuert werden, schreibt der Independent weiter. Minister könnten sie aber nach eigenem Ermessen ändern. Dem GCHQ sei es dann erlaubt, jede ausländische Kommunikation ins Visier zu nehmen, ohne zusätzliche Checks oder Kontrollen. Die Analysten müssten nur annehmen, dass das Ziel in den Rahmen der Erlaubnis fällt. Eine Überwachung mit Blanko-Vollmacht hätten Quellen im Geheimdienst aber bestritten. Die Operation richte sich nur gegen den Terrorismus und das organisierte Verbrechen.
In dem Artikel behauptet der Independent auch, dass sich der Guardian, der bislang für die meisten Snowden-Enthüllungen zuständig war, mit der britischen Regierung geeinigt habe, keine Dokumente zu veröffentlichen, die die nationale Sicherheit gefährden. Snowdens Material umfasst demnach rund 50.000 Dokumente über den GCHQ, die aus einem streng geheimen internen Wiki des britischen Geheimdiensts stammen. Gegenüber dem Guardian habe die britische Regierung etwa darauf bestanden, dass keine Einzelheiten über die Zusammenarbeit zwischen GCHQ und Telecom-Firmen beim Zugriff auf Unterseekabel veröffentlicht werden. Nun fürchte man aber, dass Glenn Greenwald nach der vorübergehenden Festnahme seines Gatten aggressiver berichten werde. So gebe es etwa die Angst, dass der genaue Standort der Station im Nahen Osten bekannt wird.
[Update 23.08.2013 - 15:20 Uhr] Inzwischen hat sich Glenn Greenwald zu Wort gemeldet und der Darstellung widersprochen, die Enthüllung des Independent beruhe auf Dokumenten von Edward Snowden. Der habe ihm versichert, dass er der Zeitung nie etwas übergeben habe und spekuliere nun seinerseits, ob das Material von der Regierung stamme. Dem hat einer der Autoren auf Twitter widersprochen. Greenwald versichert darüber hinaus, dass er von keiner Vereinbarung mit der britischen Regierung zur Begrenzung der Berichterstattung wisse. (mho)