CCC will Quellcode der Wahlsoftware nach Panne in Sachsen

Der Chaos Computer Club übt scharfe Kritik an der Geheimhaltung der sächsischen Wahlsoftware. Sie hatte die Sitzverteilung im Landtag falsch berechnet.

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Ein Wahlzettel wird in eine Wahlurne gegeben.

(Bild: I'm friday/Shutterstock.com)

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Niklas Jan Engelking
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Der Chaos Computer Club (CCC) übt nach einem Fehler bei den sächsischen Landtagswahlen massive Kritik an der Geheimhaltung der genutzten Wahlsoftware. Aufgrund falscher Berechnungen ging jeweils ein Sitz der Alternative für Deutschland (AfD) und der Christlich-Demokratischen Union (CDU) an die Sozialdemokraten (SPD) und die Grünen.

Nach Hinweisen hatte das Wahlteam "die Berechnung überprüft, den Fehler festgestellt und die Sitzzuteilung manuell nachgerechnet", wie es in einer Antwort an heise online heißt. Zudem weist das Wahlteam darauf hin, "dass die rechtlich verbindliche Zuteilung der Mandate erst nach der Feststellung des endgültigen amtlichen Endergebnisses durch den Landeswahlausschuss am 13. September erfolgt" und dass "der Fehler in der Ermittlung der Sitzzuteilung keinerlei Auswirkungen auf die Ergebnisermittlungen im Übrigen hat". Im Vorfeld sei die Software bereits "intensiv getestet" worden und bildete die Kommunalwahl am 9. Juni "bereits fehlerfrei" ab. "In den Konstellationen der Wahltests zur Landtagswahl trat dieser Fehler nicht auf, der sich darin äußerte, dass ab der Zuteilung des 117. Sitzes die Sitze nicht mehr an den mathematisch höchsten Teiler zugewiesen wurden. Unser IT-Dienstleister ist an der Analyse und Behebung des Fehlers", heißt von einer Sprecherin des Wahlteams.

Der CCC geht in einer Pressemitteilung auf den Vorgang ein. Aufgrund der kürzlichen Änderung des Wahlgesetzes mutmaßt der Club hier, dass das aktuelle Verfahren "entweder nicht oder nur fehlerhaft implementiert wurde". Über all das lasse sich jedoch nur spekulieren, "wenn nicht einmal die verwendete Software bekannt ist", beklagt der CCC. Bei der Wahlgesetz-Änderung im vorigen Jahr wurde das bisherige Sitzzuteilungsverfahren nach d‘Hondt wird durch das Höchstzahlverfahren nach Sainte-Laguë ersetzt.

Der Landeswahlleiter will dem CCC derweil "aus Gründen der Sicherheit" Name und Version der eingesetzten Wahlauswertungs-Software nicht bekannt geben. Auch das Portal Golem versuchte vergeblich, an weitere Informationen über die Wahlsoftware zu kommen. "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir aus Gründen der Informationssicherheit keine Einzelheiten zur eingesetzten Software, ihren Funktionen und zu Verfahrensbeteiligten veröffentlichen können", teilte der Landeswahlleiter mit.

Entsprechende Rechenfehler könnten kurz nach einer demokratischen Wahl entscheidende Unruhe im politischen Raum stiften, der CCC appellierte daher an die Sorgfalt der Software-Hersteller – ob es sich um einen Programmfehler handelte, bleibt aber Spekulation.

Grundsätzlich habe auch jede an der Wahl beteiligte Partei unmittelbar nach Veröffentlichung der vorläufigen Ergebnisse die Möglichkeit, den festgelegten Algorithmus heranzuziehen, um die Ergebnisse selbst zu überprüfen., betonte der CCC.

Als Konsequenz aus den Vorfällen fordert der CCC, jede bei den Wahlen eingesetzte Software müsse "mindestens als published Source mit öffentlichem Lese-Zugang auf die verwendeten Source-Code-Revisionierungs-Systeme zur Verfügung stehen." Für die Sicherheit der Software muss die Veröffentlichung demnach unerheblich sein, was bei Verwendung zeitgemäßer Sicherheitsverfahren problemlos der Fall wäre.

Der CCC forderte zudem Zugang zur verwendeten Software sowie Dokumentation, um die Implementierung und Fehler nachzuvollziehen: "Anonyme Software-Spenden nehmen wir gerne entgegen".

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Antwort des Statistischen Landesamts des Freistaates Sachsen ergänzt.

(nen)