Nach LiMux-Aus: MĂĽnchen startet erstes Open-Source-Sabbatical

München hat ein neues Modell zur Förderung von freier Software aufgelegt. Die Stadt unterstützt als erstes den Entwickler der Integreat-Plattform für Migranten.

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SPD-Stadtrat Lars Mentrup (rechts) mit Sven Seeberg, der die App Integreat weiterentwickeln wird.

(Bild: SPD/Volt (Anton Fitz))

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Weitere Fortschritte bei ihrem Plan zum Stärken von freier Software meldet die Stadt München. So ist nun auch erstmals das "Sabbatical-Programm" besetzt. Mit dem neuen Modell sollen fachlich qualifizierte Entwickler eigene Open-Source-Projekte voranbringen können und dabei eng mit der Stadtverwaltung zusammenarbeiten. Im ersten Halbjahr 2025 erhält dieses Stipendium Sven Seeberg. Der Programmierer will in den nächsten Monaten in diesem Rahmen die App Integreat weiterentwickeln. Dabei handelt es sich um eine Plattform für Geflüchtete und Migranten in Deutschland.

Hinter Integreat steht die Augsburger Verein Tür an Tür. Das Team will mit der Lösung "die Kommunikation und das Verständnis über sprachliche Grenzen hinweg" fördern. Im Mittelpunkt geplanter neuer Funktionen stehen die Mehrsprachigkeit auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI), die Neuausrichtung auf eine breitere migrantische Zielgruppe und das Verbessern der Vertrauenswürdigkeit digitaler Informationen. Der komplette Programm- und Quellcode der App ist frei verfügbar und wird unter einer Open Source Lizenz (MIT) zur Verfügung gestellt. In den vergangenen acht Jahren hat Tür an Tür Integreat nach eigenen Angaben gemeinsam mit über 100 Städten und Landkreisen erfolgreich umgesetzt.

Seeberg will mit der finanziellen Hilfe aus München nun vor allem einen Chat-Service entwickeln, der zugewanderte Nutzer bei Fragen unterstützt. Generell werden Entwickler im Rahmen des Sabbaticals von anderen Verpflichtungen freigestellt. So sollen sie gezielt an Open-Source-Projekten arbeiten können, die der Stadt und der Allgemeinheit zugutekommen. Eine Weisungsbindung gibt es nicht. Für das gesamte Stipendien-Programm stehen vorerst 200.000 Euro zur Verfügung. Pro Jahr sollen damit in der Regel zwei einschlägige Kurzzeitstellen besetzt werden können.

Mit dem Sabbatical "setzen wir ein starkes Zeichen", freut sich Lars Mentrup, IT-Sprecher der SPD/Volt-Fraktion im Münchner Stadtrat, über die erste Besetzung. "München will nicht nur Open Source nutzen, sondern auch aktiv zur Community beitragen." Das stärke digitale Souveränität und komme letztlich allen zugute, betonte der Sozialdemokrat und fügte hinzu: "Wenn mit Steuergeldern Software entwickelt wird, sollte sie auch der Allgemeinheit zugutekommen." München habe sich generell vorgenommen, wieder stärker zur Weiterentwicklung freier Software beizutragen.

Nach dem heftig umstrittenen Aus für das Linux-basierte Desktop-Projekt LiMux, das CSU und SPD über die Bühne brachten, brachte die aktuelle grün-rote Koalition 2020 einen 5-Punkte-Plan für Open Source auf den Weg. Nach Verzögerungen und Klagen über Widerstände im IT-Referat richtete dieses unter einer neuen Chefin Anfang 2024 ein federführendes "Open Source Program Office" (OSPO) ein, mit dem auch die Stipendiaten eng kooperieren sollen. Das OSPO soll generell Projekte mit freier Software, die für München interessant sein könnten, sichten, Kontakte zur Community pflegen, die Verwaltung bei der Softwarebeschaffung beraten sowie rechtliche Fragen klären. Selbst entwickelte Software ist öffentlich zugänglich zu machen.

Grün-Rot will in der bayerischen Landeshauptstadt damit auch das Prinzip "Public Money, Public Code" mit Leben erfüllen. Die entsprechende Kampagne besagt, dass mit Steuergeld finanzierte Programme für die Verwaltung frei und wiederverwendbar sein müssen. Die Macher von Integreat unterschreiben diesen Ansatz. Laut Mentrup zahlt das Sabbatical so mit auf das Ziel dieser Initiative ein, mit der Abhängigkeiten von großen Softwareherstellern wie Microsoft, SAP & Co. reduziert werden sollen.

(nen)