Nach Musks "Go fuck yourself": Werbeindustrie kehrt X/Twitter den RĂĽcken

Elon Musk hat die größten Werbekunden wohl endgültig von X/Twitter vertrieben. Das geht aus Statements von US-Marketingfirmen hervor, die zum Abschied raten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 958 Kommentare lesen
X-Logo und Elon Musk

(Bild: Angga Budhiyanto/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Nach den verbalen Ausfällen des US-Milliardärs Elon Musk gegenüber Werbekunden, die keine Anzeigen mehr auf der Kurzmitteilungsplattform X (vormals Twitter) schalten, gehen die von einem endgültigen Abschied aus. Mindestens ein halbes Dutzend Marketingagenturen haben der New York Times versichert, dass sie und ihre Kunden standhaft bleiben würden. Teilweise nur temporär verhängte Pausen bei der Schaltung von Onlinewerbung auf der Plattform dürften endgültig werden: "Werbekunden werden nicht zurückkommen", zitiert die Zeitung einen Branchenvertreter. Teilweise würden die Agenturen ihrer Kundschaft sogar empfehlen, die umstrittene Plattform komplett zu verlassen, also auch keine Beiträge mehr abzusetzen. Teile der Branche machen das bereits.

Damit eskaliert der Konflikt zwischen Musk und der Industrie, die sein soziales Netzwerk über Anzeigenkäufe größtenteils finanziert, immer weiter. Mehrere namhafte Konzerne und teilweise ganze US-Branchen hatten sich von X/Twitter zurückgezogen, nachdem Musk antisemitische Beiträge beworben hat. Außerdem waren zahlreiche Beispiele für Anzeigen renommierter Firmen auf X/Twitter aufgetaucht, die direkt neben rechtsextremen, antisemitischen und Hitler-verherrlichenden Inhalten ausgespielt wurden. Den anschließenden Rückzug von der Plattform hat Musk diese Woche mit deutlichen Worten kritisiert, seinerseits aber wenig Entgegenkommen versprochen. Trotzig erklärte er stattdessen: "Schaltet keine Werbung!" und "Go fuck yourself!"

Linda Yaccarino, die Geschäftsführerin von X/Twitter ist ihm danach öffentlich und intern beigesprungen, wie nun bekannt wurde. In einem Memo an die Angestellten erklärte sie, "unsere Prinzipien haben kein Preisschild und werden nie kompromittiert", zitiert Bloomberg. Man werde sich von Kritikern nicht ablenken lassen, "die unsere Mission nicht verstehen". Musks Interview am Mittwoch sei "ehrlich und tiefgründig" gewesen, warb sie noch. Beide sind sich also offenkundig einig in dem, was Musk immer wieder als Verteidigung der freien Meinungsäußerung bezeichnet. Eine Strategie, wie der Betrieb von X/Twitter ohne das Geld der Werbekunden finanziert werden soll, lässt sich dabei nicht erkennen. Der Multimilliardär Musk hat bereits durchblicken lassen, dass er einen Bankrott nicht verhindern würde.

Die Botschaften der beiden Führungspersonen von X/Twitter würden bei der Werbeindustrie überhaupt nicht verfangen, zitiert die New York Times einen weiteren Insider. Es sei unwahrscheinlich, dass Werbekunden einspringen würden, um die Ziele von Musk und Yaccarino zu finanzieren. Andere raten ihren Kunden zum vollständigen Abschied: "Du kannst einem Kunden guten Gewissens nicht dazu raten, weiterhin Teil davon zu sein", meint etwa der Chef einer Beratungsfirma, die Klienten mit einem Gesamtbudget von 50 Milliarden US-Dollar betreut. Ein anderer verweist darauf, dass die Angelegenheit nach Musks Beleidigungen inzwischen persönlich sei: "Firmen sind einfach voller Leute und Leute wollen gut behandelt, respektiert und mit Würde angesprochen werden."

(mho)