Nachteule: Nikon Coolpix P300

Die P300 vereint manuelle Belichtungsfunktionen mit hoher Lichtstärke, reichlich Weitwinkel und einer starken Videofunktion. Dennoch bleibt sie in manchen Bereichen unnötig hinter ihren Möglichkeiten zurück.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Robert Seetzen
Inhaltsverzeichnis

Wie schon die Coolpix S8100 nutzt auch die P300 einen rückseitig belichteten Bildsensor mit einer Auflösung von 12 Megapixeln. Als höchste Empfindlichkeit steht ebenfalls ISO 3200 zur Verfügung, wobei das für diese Kameraklasse gute Rauschverhalten den Wunsch nach mehr weckt. Sicher ist: Wo es an Umgebungslicht mangelt und auch der Blitz dunkel bleiben soll, kann die höchste ISO-Stufe der P300 eingesetzt werden. Gute Leistungen liefert die P300 auch bei mittleren ISO-Werten. Im Vergleich zwischen ISO 160 und ISO 400 sind Unterschiede der Detailwiedergabe erst bei 1:1-Wiedergabe erkennbar, der Zeichnungsverlust bei ISO 800 fällt in der Gesamtdarstellung des Bildes nur bei genauerem Hinsehen auf.

Mit einer maximalen Blendenöffnung von f/1,8 zählt die P300 zu den lichtstärksten Kameras ihrer Klasse. Ihre Anfangsbrennweite liegt bei 24 Millimetern, die Telestellung endet relativ früh bei 100 Millimetern. Das mit nur einer Geschwindigkeit steuerbare Zoom durchläuft den Brennweitenbereich in immerhin 13 Schritten. Makroaufnahmen fertigt die P300 ab einem Mindestabstand von 3 cm an, die kleinste Motivdiagonale beträgt 56 Millimeter. Geringere Verzeichnungen und die auch jenseits der Bildmitte passable Bildschärfe helfen jedoch, die etwas größere Motivdiagonale zu verschmerzen. Eine ebenfalls gute Figur macht der Autofokus. Unter Tageslichtbedingungen gelingt die Fokussierung in allen Zoompositionen auch bei eher kontrastarmen Motiven zuverlässig und schnell.

Dass die P300 ausschließlich automatisch scharf stellt, wirkt vor dem Hintergrund ihrer ansonsten recht umfangreichen Einstellmöglichkeiten überraschend. Blende und Belichtungszeit etwa können sowohl automatisch als auch halbautomatisch oder ganz manuell geregelt werden. Die Einstellung erfolgt in Drittelschritten über zwei getrennte Einstellräder, als kleinste Blende steht f/8 zur Verfügung. Mit zunehmender Brennweite steigt der kleinste verfügbare Blendenwert von f/1,8 bei 24 mm auf f/2,8 bei 50 mm und f/4,9 bei 100 mm Brennweite.

Im Modus Programmautomatik können Blende und Verschlusszeit einfach per Drehrad gegeneinander verschoben werden. Wo manuelle Einflussnahme nicht gewünscht ist, bietet die Coolpix sowohl diverse Szenenprogramme als auch eine Vollautomatik mit kameragesteuerter Auswahl des passenden Szenenprogramms. Die Automatiken arbeiten insgesamt zuverlässig, etwaige Fehlbewertungen tendieren eher zu moderater Unterbelichtung. Für Belichtungskorrekturen gibt es ein per Tastendruck erreichbares Menü, in dem auch kleinere Anpassungen des Farbtons und der Farbsättigung möglich sind. Schwarzweißmodi bietet die Coolpix nur im Rahmen des für Dokumentenfotos gedachten Szenenprogramms "Schwarz-Weiß-Kopie" und als betont kontrastreiches Effektprogramm.

Nikon Coolpix P300: ISO-Reihe (5 Bilder)

ISO 160

Für besonders kontrastreiche Motive ist der Gegenlichtmodus wertvoll. In der Standardeinstellung fügt die Kamera zwei schnell nacheinander, sowohl mit als auch ohne Blitz, aufgenommene Bildvarianten zu einem Foto zusammen. Mehrfachbelichtung und Rechenarbeit gehen im Vergleich zur herkömmlichen Aufnahme nur unwesentlich langsamer voran. Deutlich mehr Zeit als reguläre Fotos brauchen die im Gegenlichtmodus verfügbaren "HDR"-Aufnahmen. Hier bleibt der Blitz grundsätzlich aus, stattdessen fügt die Kamera mehrere unterschiedlich belichtete Fotos nach Art eines HDR-Programms zusammen. Echte HDR-Dateien mit hoher Farbtiefe erzeugt die P300 trotz der Namensgebung nicht, zusätzlich zum HDR-JPEG speichert die Kamera allerdings auch eine normal belichtete Variante des Fotos.

Für die bis zu 360 Grad umfassenden Schwenkpanoramas werden Belichtung, Weißabgleich und Fokus nur zu Beginn der Aufzeichnung eingestellt. Eine vor allem bei Rundum-Aufnahmen oft problematische Einschränkung. Störend fällt zudem die sehr geringe vertikale Auflösung waagerecht aufgenommener Panoramen auf. 560 Pixel sind auch für die reine Bildschirmnutzung zu wenig. Gelegentliche Bildfehler an Montagekanten und das teils träge Einsetzen der Aufnahme schränken den Spaß an der bei Nikon "Easy Panorama" genannten Funktion weiter ein.

Die P300 bietet nicht die kleinste Motivdiagonale des Marktes, aber geringe Verzeichnungen und eine bei f/1,8 noch tolerable Randschärfe.

Wer schnelle Bewegungsabläufe studieren will, kann mit der P300 außer Fotoserien mit 120 oder 60 fps auch Zeitlupenvideos aufnehmen. Bei 640 × 480 Pixeln Auflösung speichert die Coolpix 120 Bilder pro Sekunde, immerhin noch 60 B/s sind es bei 1280 × 720 Pixeln. Anders als im regulären Videobetrieb bleiben Zoom, Fokus, Belichtung und Weißabgleich während einer Zeitlupenaufnahme allerdings auf die Anfangseinstellung festgelegt. Amüsante Soundeffekte durch stark verlangsamten Ton gibt es nicht – die Zeitlupenclips der P300 enthalten keine Tonspur. Videoaufnahmen normaler Geschwindigkeit versieht die Coolpix mit Stereoton überwiegend stimmiger Aussteuerung und einem auch in den Höhen noch passablen Klangbild. Belichtungssteuerung und Weißabgleich nimmt die P300 in unauffällig fließenden Übergängen war, die ebenfalls angenehm weiche Fokussierung lässt manchmal etwas lang auf sich warten. Verbesserungsfähig wäre auch die Wiedergabe kontrastreicher Szenen – sogar in ansonsten stimmig belichteten Abschnitten reißen die Lichter mitunter gut sichtbar und großflächig aus.

Die Kameraoberseite der P300: Das Hauptwahlrad mit manuellen Belichtungsoptionen, ein griffiges Steuerrad und das Stereomikrofon.

Gespeicherte Videoclips kann die P300 ausschließlich wiedergeben, nicht aber aufteilen, kürzen oder auf andere Weise bearbeiten. Eine optionale Einzelbildwiedergabe erleichtert immerhin die genauere Beurteilung von Details eines Videoclips. Das mit 640 × 480 Pixeln ausgestattete Display zeigt klare, auch in den Feinheiten gut definierte Bilder hoher Farbtreue. Von hinten einfallendes Tageslicht stört die Wiedergabe und Motivsuche allerdings erheblich. Für die Bearbeitung gespeicherter Einzelbilder hält die P300 unter anderem Funktionen zur Aufhellung von Schattenbereichen und zur Weichzeichnung von Hautpartien bereit. Letztere ist allerdings nur erreichbar, wenn eine vorgeschaltete Bildanalyse im Foto zumindest ein Gesicht erkennt. Während des Tests arbeitetete die Erkennung nur mit weitgehend frontal aufgenommenen Portraits.

An der Bedienung der P300 gibt es wiederum wenig zu mäkeln. Einzig das obere, angenehm griffige und gut fühlbar rastende Einstellungsrad dürfte gern häufiger als Alternative zum an der Rückseite platzierten Dreh- / Klickrädchen dienen. Wie ähnliche Bedienungselementen anderer Kameras fehlt auch dem Multifunktionsrad der P300 ein Quäntchen Griffigkeit, und bei der Steuerung kommt es deshalb immer wieder zu ungewollten Klicks.

Als erstaunlich universelle und zudem recht umfassend steuerbare Kompaktkamera macht die P300 eine wirklich gute Figur. Viel Weitwinkel, rauscharme und detailreiche Bilder, ordentliche Bildschärfe schon bei moderatem Abblenden und die trotz verbesserungsfähigem Kontrastverhalten immer noch respektable Full-HD-Videoaufnahmen schaffen Raum für vielfältige Einsatzzwecke. Bedauerlich ist dennoch der Verzicht auf eine RAW-Speicherung – an einem Nachfolgemodell wäre außerdem eine Funktion für manuelles Fokussieren sehr willkommen. (rst)