Nachtragshaushalt: 60 Milliarden Euro für die grüne und digitale Wende

Das Bundeskabinett hat trotz Kritik den Entwurf eines 2. Nachtrags zum Haushaltsplan mit viel Geld für Klimaschutz und Digitalisierung auf den Weg gebracht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 40 Kommentare lesen

(Bild: Sebastian Duda/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

In seiner 2. Sitzung hat das rot-grün-gelbe Bundeskabinett am Montag den Gesetzentwurf für einen 2. Nachtrag zum Bundeshaushaltsplan 2021 gebilligt. Die neue Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) will damit die finanziellen Voraussetzungen schaffen, um die Corona-Krise mit Investitionen in die grüne und digitale Transformation der Wirtschaft "nachhaltig zu bewältigen". Dafür sind 60 Milliarden Euro vorgesehen. Der Opposition behagt das nicht.

Laut Bundesregierung werde mit dem Nachtragshaushalt "der pandemiebedingte Handlungs- und Nachholbedarf bei öffentlichen und privaten Investitionen zielgerichtet angegangen". Aufgrund der Unsicherheiten durch die Corona-Pandemie und damit verknüpften Einschränkungen für Wirtschaft und Gesellschaft seien viele Investitionen – gerade im Bereich des Klimaschutzes – nicht oder nicht im geplanten Umfang erfolgt.

Das Kabinett will daher Mittel aus veranschlagten, aber nicht benötigten Kreditermächtigungen noch in diesem Haushaltsjahr für zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen und die weitere Digitalisierung von Verwaltung und Wirtschaft nutzen. Dies habe man im Koalitionsvertrag des Ampel-Bündnisses vereinbar. Dazu soll der 2011 als Sondervermögen des Bundes angelegte Energie- und Klimafonds (EKF) mit weiteren 60 Milliarden Euro zu einem Klima- und Transformationsfonds weiterentwickelt werden.

Mit diesen zusätzlichen Mitteln werde in den kommenden Jahren "eine verlässliche Finanzierung und Förderung dringend erforderlicher öffentlicher und privater Investitionen" in zwei entscheidende Kernbereiche gestärkt, erklärt die Bundesregierung. Es gehe darum, neben Wachstumsimpulsen auch langfristig Planungssicherheit zu geben. Damit werde ein "maßgeblicher Beitrag geleistet, die Folgen der Pandemie nachhaltig zu überwinden" sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft zu stärken.

Die Regierung sieht in dem Schritt zugleich einen wesentlichen Baustein ihrer Klimaschutzpolitik. Sie komme hier auch "ihrer Verantwortung für künftige Generationen nach". Das Bundesverfassungsgericht habe der Regierung "aufgegeben, zum Schutz der Freiheitschancen zukünftiger Generationen den Übergang zur Klimaneutralität rechtzeitig und konkret einzuleiten". Zusätzliche Schulden seien dafür nicht nötig. Es bleibe "bei der vorgesehenen Nettokreditaufnahme in Höhe von rund 240 Milliarden Euro".

Der Gesetzentwurf soll am Donnerstag im Bundestag in 1. Lesung beraten werden. Die CDU-CSU-Fraktion hatte bereits am Wochenende unter anderem haushaltsrechtliche Einwände vorgebracht. Als "skandalös und verfassungsrechtlich bedenklich" kritisierte CSU-Generalsekretär Markus Blume nun das Vorhaben auf Twitter. "Das FDP-Versprechen der soliden Finanzen hat keine Woche gehalten."

"Wir befürchten, dass Corona-Mittel zur Umsetzung der kostspieligen Ampelpläne umgeleitet werden sollen", sagte CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus der Zeitung Das Parlament. Das sei keine nachhaltige Haushaltspolitik. Die Oppositionsgruppe spielt daher mit dem Gedanken, gleich gegen das voraussichtlich erste Gesetz der neuen Koalition eine "Normenkontrolle" beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen. Dafür ist ein Sitzanteil von 25 Prozent im Bundestag nötig, den die Konservativen haben.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hält von dem Entwurf ebenfalls wenig. Die 60 Milliarden, die Lindner aus Corona-Kreditermächtigungen für den Nachtragshaushalt umwidme, "zahlen insbesondere kleine & mittlere Einkommen, die den Schuldenberg des Bundes buckeln müssen", twitterte er. Und das nur, weil die Ampel eine Vermögensabgabe für 0,7 Prozent Superreiche blockiere.

Der Plan sei vernünftig und verfassungskonform, argumentiert dagegen der Mannheimer Ökonom Tom Krebs. "Es ist empirisch belegt, dass Krisen dauerhafte wirtschaftliche und soziale Schäden verursachen", schreibt Krebs im Handelsblatt. "Deshalb muss die Finanzpolitik die Grundlage für eine mehrjährige Erholungsphase legen, um dauerhaften Schaden von Wirtschaft und Gesellschaft abzuwenden." Krisenbedingte Mehrausgaben rechtfertige etwa auch der geplante Abbau der EEG-Umlage, um den aktuellen rasanten Anstieg der Strompreise zu dämpfen.

(olb)