Chronik aus deutschem Kloster: Wiederkehrende Sternenexplosion 1217 beobachtet

Im kommenden Jahr wird ein bekannter Doppelstern wieder viel heller werden. Das wurde bislang wohl nicht nur zweimal, sondern schon viermal beobachtet.

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Silhouette von Person mit Teleskop vor Sternenhimmel

(Bild: AstroStar/Shutterstock.com)

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Eine seltene, sich etwa alle 80 Jahre wiederholende Sternenexplosion, wurde womöglich bereits im Hochmittelalter beobachtet und Details dazu niedergeschrieben. Das hat der US-Astronom Bradley Schaefer herausgefunden, der sich seit Jahren der Erforschung von T Coronae Borealis widmet. Dabei handelt es sich um eine sogenannten rekurrierende Nova, die bislang gesichert in den Jahren 1866 und 1946 beobachtet wurde. Schaefer meint nun, in alten Aufzeichnungen Belege für Beobachtungen im Oktober 1217 und im Dezember 1787 entdeckt zu haben. Vor allem erstere ist dabei von besonderem Interesse, würde sie unser erstes Bemerken des Objekts doch deutlich in die Vergangenheit schieben. Die nächste Explosion des Sterns wird im kommenden Frühjahr erwartet.

T Coronae Borealis (T CrB) ist ein Doppelsystem, das aus einem Roten Riesenstern und einem Weißen Zwergstern besteht. Zu zweiterem fließt kontinuierlich Materie vom größeren der beiden Sterne, bis eine kritische Masse erreicht wird. Es folgen explosionsartige Helligkeitsausbrüche, die dafür sorgen, dass die scheinbare Helligkeit von etwa 10 mag – und damit lichtschwächer als der Neptun – auf bis zu 2 mag steigt – etwa so hell wie der Polarstern. Gesichert beobachtet wurde das bislang in den Jahren 1866 und 1946, der nächste Ausbruch steht gewissermaßen unmittelbar bevor. Ein 2015 beobachteter Helligkeitsanstieg und spätere Beobachtungen deuten auf eine weitere Explosion im kommenden Frühjahr hin.

Angesichts des erwarteten Ausbruchs geht Schaefer davon aus, dass der Stern im kommenden Jahr Aufmerksamkeit durch die Öffentlichkeit, die Presse und von der Astronomiegemeinde erfahren wird, schreibt er jetzt. Auch deshalb hat er zu ergründen versucht, ob wir von früheren Sichtungen der Sternenexplosion wissen. Eine ziemlich eindeutige hat er demnach in einem Sternenkatalog des Priesters und Astronomen Francis Wollaston entdeckt. Der habe den heller gewordenen Stern demnach mindestens viermal in den Tagen vor dem 28. Dezember 1787 beobachtet. Weil er ihn mit seiner Ausrüstung normalerweise nicht habe sehen können, müsse es sich um den Doppelstern während einer Nova handeln, schreibt der Astronom.

Deutlich spannender und schwerer zu verifizieren ist aber eine mögliche Sichtung der Nova im Jahr 1217, mehr als 500 Jahre vorher. Gefunden hat Schaefer die Hinweise in einer Chronik des mittelalterlichen Geschichtsschreibers Burchard von Ursberg. Der berichtet, dass im Herbst 1217 ein "wunderbares Zeichen bei einem gewissen Stern im Westen" zu sehen gewesen sei. Er selbst habe gesehen, wie ein lichtschwacher Stern im Sternbild Nördliche Krone unvermittelt heller geworden und dann wieder dunkler geworden sei. Das klinge eindeutig nach T CrB, der genau zu jener Zeit habe heller werden müssen, schreibt Schaefer. Gleichzeitig könne es sich nicht um eine Supernova handeln, weil man heute keine der zu erwartenden Überreste sehe.

Wie auch für seine Hypothese zu der möglichen Beobachtung im Jahr 1787 fasst Schaefer Argumente zusammen, die dafür und die dagegen sprechen, dass in dem Kloster bei Augsburg die rekurrierende Nova beobachtet wurde. So schreibt er, dass eindeutig der Begriff für "Stern" verwendet werde, für die häufig beobachteten Kometen gebe es eigene. Außerdem gebe es keinen Hinweis darauf, dass sich das Objekt am Sternenhimmel bewegt hat. Schließlich weist der US-Astronom darauf hin, dass Kometen zu jener Zeit als schlechtes Omen gegolten hätten. Der helle Stern werde aber in den positivsten Worten beschrieben. Insgesamt klinge die Beschreibung genau so, wie wir sie erwarten würden. Schaefers Analyse ist online einsehbar und wird im Journal for the History of Astronomy erscheinen.

(mho)