Nationale Corona-App: Fraunhofer will Datenspende-Funktion zuliefern

Seite 2: "Diktat der Digitalkonzerne"

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Für ihre Kehrtwende erhielt die Bundesregierung ausnahmsweise sogar Lob aus der Opposition. Die netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Anke Domscheit-Berg, zeigte sich "positiv überrascht". Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gehe "gerade sehr vorbildlich" mit dem Thema um. Der Vorsitzende des Digitalausschusses im Bundestag, Manuel Höferlin (FDP), hofft, dass die App-Entwicklung nun schneller vorangeht und die Mobillösung wohl doch noch vor einem Impfstoff verfügbar sein werde.

Der Fraktionsvize der Grünen, Konstantin von Notz, begrüßte es, dass die Regierung "in der letzten Kurve" noch eingelenkt habe. Die in der Gesamtstrategie gegen Covid-19 wichtige App sollte "rechtsstaatlich sauber und zügig" eingesetzt werden. Ähnlich hält es der Digitalexperte der SPD-Fraktion, Jens Zimmermann, für den "richtigen Schritt", dass Spahn "gerade noch rechtzeitig seine Meinung geändert hat". Es sei wichtig, dass jetzt der dezentrale Ansatz gewählt "und damit dem Datenschutz Vorfahrt eingeräumt wird". Die CDU/CSU-Fraktionsvizechefin Nadine Schön bezeichnete die Entscheidung als vertrauensstiftend. Mit freiwilligen Informationen könnten die Nutzer dem RKI zudem helfen, "die epidemiologische Bewertung vorzunehmen".

Eine dezentrale Datenspeicherung sei per se zwar sicherer, gibt derweil Detlef Schmuck, Geschäftsführer des Datendienstes TeamDrive, zu bedenken. Die Bundesregierung habe mit dem Schwenk aber ihr Tauziehen mit Apple und Google verloren. Da die beiden US-Firmen Funktionen zur Kontaktverfolgung fest in ihre Smartphone-Betriebssysteme iOS beziehungsweise Android integrieren wollten, könnten diese künftig für unbestimmte Zeit überprüfen, "wer sich mit wem wie lange trifft". Unter dem Druck der Krise habe sich die Regierung "dem Diktat der Digitalkonzerne gebeugt".

(olb)