Nehalem allerorten [update]

Intels neuer Server- und Workstation-Prozessor Xeon 55xx (Nehalem EP) kann mit zum Teil verdoppelter Performance gegenüber seinem Vorgänger Xeon 54xx (Harpertown) auftrumpfen.

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Von
  • Andreas Stiller

Mit dem neuen Server- und Workstation-Prozessor Nehalem-EP hat Intel nach längerer Zeit mal wieder den Stapellauf eines Prozessors so richtig zelebriert. In zahlreichen Festveranstaltungen weltweit würdigte Intel zusammen mit vielen neuen und alten Partnern den großen Sprung nach vorne, den dieser Prozessor in puncto Performance und Energieverbrauch leistet. Und zu einem richtigen Launch gehört auch, dass die Partner ihre Workstations und Server nicht nur in wenigen Exemplaren der Presse vorführen, sondern zum großen Teil auch schon ab sofort oder binnen weniger Tage liefern können.

So ganz abwarten konnten einige Partner den mit Intel vereinbarten Starttermin indes nicht, insbesondere nachdem Apple "rücksichtslos" vorgeprescht war und seine Nehalem-bestückten Mac Pros schon vorab herausbrachte, zufälligerweise auch noch am ersten CeBIT-Tag. Da hielt es zunächst Lenovo und dann Serverneuling Cisco nicht aus, woraufhin sich Dell genötigt sah, ebenfalls den Schleier zumindest schon ein wenig zu lüften. Eigentlich wollten die Texaner schon am 25. März mit ihren Workstations groß auftrumpfen – just zu diesem Termin lud nämlich auch HP zu Vorab-Pressekonferenzen zu den neuen Workstations der Z-Familie ein – auf die freundlichen Bitte von Intel hin, verschob Dell dies jedoch auf den heutigen Tag. Da aber Cisco als Neueinsteiger schon viel Wirbel um seine neuen United Computing Systems gemacht hatte, brachte Dell zumindest sein Gegenstück "Cloud Computing Solution" XS23 II schon mal aufs Tapet.

Dell sieht sich als Marktführer bei den Workstations. Die drei neuen Modelle heißen T7500, T5500 und T3500, also je 100 mehr als die entsprechenden Systeme mit Intels aktuellem Xeon (Wolfsdale oder Harpertown). Das Flaggschiff 7500 bietet Platz für 12 DIMMs (6 davon auf optionalen Riser-Cards) und mithin für 192 GByte Speicher (mit 16-GByte-Modulen). Modell 5500 bescheidet sich mit 9 DIMMS und 72 GByte und das Einsteigermodell T3500 beschränkt sich auf nur eine Core-i7-CPU (hier vornehmer Xeon 3500 genannt).

Z800, Z600 und Z400 heißen die entsprechenden neuen schnieken Workstations von HP, deren Gehäuse –zum Teil mit integrierten Tragegriffen – von BMW DesignWorks in Los Angeles gestaltet wurde.

Die kleine Workstation Z400 ist wie Dells T3500, Lenovos Thinkstation S20 oder Apples Mac Pro Quad-Core für nur einen Prozessor ausgelegt. In allen steckt dazu passend ein Intel-X58-Express-Chipsatz, die größeren Kollegen verwenden hingegen Intels 5520-Chipsatz (Tylersburg-36D) – bis auf Mac Pro allerdings nur einen davon, so dass sie sich auf zwei PCIe2.0-x16-Slots beschränken. Apples 8-Core-Mac Pro wartet demgegenüber mit zwei Tylersburg-Chipsätzen auf und kann so vier PCIe2.0-x16-Slots betreiben (siehe Artikel "Vielkerniger Apfel" in der aktuellen c't-Ausgabe 8/2009 S.42). Dafür liegen die Preise der Workstations von Lenovo, Dell und HP deutlich niedriger. HP etwa gab interessanterweise nicht die Listen- sondern geschätzte Straßenpreise an: das Flaggschiff Z800 ab 2000 Euro, Z600 ab 1670 und Z400 schon ab 1200 Euro.

Beim Festakt in Deutschland war heute HP Hauptpartner von Intel, wo auch die neue Generation 6 der ProLiant-Server-Baureihe vorgestellt wurde. Klaus Rumsauer, Director Enterprise Server & Storage HP Deutschland, rechnete vor allem vor, wie schnell sich die G6-Anschaffung amortisiert, wenn man mit Virtualisierung seinen Serverpark von 42 G4-Singlecores mit 10,7 Kilowatt auf vier G6-Systeme mit 450 Watt reduziert.

Terry Pilsner, Vizechef von HPs Workstation-Entwicklungsabteilung, präsentierte in Los Angeles die neuen, modular aufgebauten Z-Workstations des US-Unternehmens.

HP-Konkurrent IBM hat die neuen Nehalem-Prozessoren sowohl in Blades als auch in Rack-Systemen im Angebot. Es gibt allerdings Gerüchte, IBM erwäge, den Bereich x86-Rack-Systeme an Lenovo zu verkaufen.[update:IBM ist inzwischen mit einem klaren Dementi diesem Gerücht energisch entgegen getreten: Der x86-Rack-Bereich werde nicht verkauft]

Bei den Blades wird HS22 (ab 2010 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer) die bisherigen Linien HS12 und HS21 zusammenführen – mit zwei Xeon 55xx-Prozessoren, 12 DIMMs und einem internen USB-Steckplatz für einen Hypervisor im Stick. Die Rack-Systeme X3550 X2 (1U, ab 2230 Euro plus MwSt) und X3650 M2 (2U, ab 2260 Euro plus MwSt) verwenden hocheffiziente Netzteile (über 92 Prozent, ausgelegt für 95-Watt-Prozessoren. Sie verfügen als neues Goodie auch über Höhensensoren für eine optimale Lüftersteuerung.

HP, IBM und Fujitsu Siemens durften schon im vergangenen Jahr SAP-SD-Werte ihrer Xeon-X5570-Systeme veröffentlichen. Seit Jahresanfang wurde dieser in der Business-Welt so wichtige Benchmark auf Version 7 umgestellt und Intel wollte unbedingt noch Ergebnisse mit der alten Version, um damit die Stärke des Prozessors demonstrieren zu können.

Da die maximale Antwortzeit von zwei auf eine Sekunde verkürzt wurde und nun die Unicode-Fassung vorgeschrieben ist, sind die Ergebnisse nicht mit den alten Ergebnissen vergleichbar.

Jetzt haben Sun Fire X4270 (3700 SD, 20300 SAPS), HP ProLiant DL380 G6, 3300 SD, 18030 SAPS) und HP ProLiant BL460c G6, (3310 SD, 18070 SAPS) mit SAP Business Suite 7 vorgelegt – nur liegen Vergleichsergebnisse etwa zu Opteron-Systemen noch nicht vor.

Von Sun war außer zu den SAP-SD-Werten der Fire X4270 noch nichts anderes zu den Nehalem-Systemen zu erfahren, hier ist man wohl zu sehr mit der möglichen Übernahme durch IBM beschäftigt. Sun plant aber eine InfoTour durch deutsche Städte.

Auch Fujitsu Siemens ist derzeit wohl zu sehr mit sich selbst beschäftigt – ab übermorgen gibt es dann nur noch Fujitsu Technology Solutions – weitere Vorabinformationen zu neuen Primergy-Systeme mit Nehalem lagen noch nicht vor. Demgegenüber hat NEC schon die speziell fürs High Performance Computing gedachten Systeme LX 1000 als Einstiegsmodell bis hin zum als High-End-Modell geführten NEC LX 4000 vorgestellt.

Intels Nehalem-EP-Prozessor wird mit Taktfrequenzen zwischen 1,86 GHz (Xeon 5502, Dual Core, 188 US-Dollar OEM-Preis) und 3,2 GHz (Xeon W5580, 130 W, Quad Core, 1600 US-Dollar OEM-Preis) herauskommen, üblicherweise mit 95 Watt TDP. Spezielle L-Versionen (L5520 mit 2,26 GHz und L5506 mit 2,13 GHz), beschränken sich auf 60 Watt.

In fast allen Benchmarks kann der Nehalem-EP gegenüber seinem Vorgänger Harpertown erheblich zulegen, insbesondere auch bei den SPEC-CPU2006-Benchmarks, bei denen er nach Messungen der c't die Performance gegenüber dem Xeon 5470 mehr als verdoppeln konnte. Er kommt so auf deutlich höhere Werte als von Apple für den Mac Pro vorab bekannt gegeben wurde. Im Integer-Bereich, gemessen mit kompatiblen SSE3-Code (64-bittig unter Windows 2008 Server, nicht spezial-optimiert) erreicht er mit DDR3-1333 209 SPEC_int_rate_2006base und reduziert auf DDR3-1066 immer noch 203 SPEC_int_rate_2006base – Apple hat 158 für den Mac Pro mit DDR3-1066 angegeben.

Mit dem Nehalem-EP zog nun auch ein Xeon bei den Zwei-Prozessorsystemen in der Gleitkommadisziplin an dem bislang klar führenden Konkurrenten Opteron 2386SE vorbei. Letzterer bleibt mit 107 gegenüber 174 SPEC_fp_rate_2006base weit zurück (der alte Xeon 5470 liegt bei 72). Hier braucht man nun schon ein Vier-Prozessorsystem mit dem Opteron 836SE (193 SPEC_fp_rate_2006base mit speziell angepasstem Code unter Linux), um dagegen halten zu können.

Im Energieeffizenz-Benchmark SPECPower_ssj2008 mit dem Java-Business Benchmark SPECjbb_2005 kann sich ein üblich ausgestattetes Racksystem (mit redundantem Netzteil, zwei Festplatten, eingeschalteten Netzwerkcontrollern, DVD-Laufwerk etc.) mit 940 ssj_ops/Watt beim Xeon x5570 gegenüber 638 ssj_ops /Watt beim Opteron 2384 weit absetzen. Für den Bereich des High-Performance-Computing gilt diese Aussage jedoch so nicht. Hier verwendet man gerne als Maß Linpack-MFlops/Watt bei Volllast – und genau da hat der Nehalem noch eine Schwachstelle: Mit 196 MFlops/Watt liegt er knapp hinter seinem Vorgänger Harperton (210 MFlops/Watt) und hinter dem Konkurrenten Opteron mit 202 MFlops/Watt zurück.

Weitere Einzelheiten zur Performance und zum Stromverbrauch im Vergleich zum Vorgänger Harpertown und zur Konkurrenz von AMD finden sich im Artikel "Springinsfeld" in der aktuellen c't 8/2009 S. 152. (jkj/c't) / (as)