Neo-Nazi-Domains: Denic hält nicht viel von einer "Schwarzen Liste"

Die deutsche Vergabestelle für Internetadressen Denic hält wenig von einer Ausschlussliste für anstößige Domainnamen.

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Von
  • Holger Bleich

Nach der großen Aufmerksamkeit, die die Registrierung rechtsradikaler Domains erzeugte, wogt die Diskussion hoch, wie solche Vorfälle in Zukunft verhindert werden könnten. Die deutsche Vergabestelle für Internetadressen Denic hält wenig von einer Ausschlussliste für anstößige Domainnamen. "Ein statischer Filter ist nicht die richtige Lösung", kommentierte Denic-Sprecher Klaus Herzig im Gespräch mit c't. Außerdem sei ein solcher Filter technisch schwierig zu realisieren. Am Montag hatte das Bundesjustizministerium die Erstellung einer "Schwarzen Liste" mit Domainnamen vorgeschlagen, die nicht mehr vergeben werden sollen.

Herzig betonte die Bereitschaft des Denic zu weiteren Gesprächen mit Justizministerin Hertha Däubler-Gmelin. In der nächsten Woche wolle sich Denic-Geschäftsführerin Sabine Dolderer erneut mit Däubler-Gmelin zusammensetzen und über die Gründung einer Institution beraten, die strafrechtlich relevante Domainnamen selbst reserviert und auf eine aufklärerische Site umlenkt. "Damit wären wir wesentlich flexibler. Diese Institution könnte auf Zuruf aktiv werden und Domains sofort vom Markt nehmen." Vorwürfe, nach denen diese Institution in der Lage sein könnte, inhaltliche Zensur vorzunehmen, wies Herzig zurück. "Es geht ohnehin nicht um verbotene Namen. Wir wollen ja niemandem etwas wegnehmen, sondern nur zweifelhafte Namen für uns reservieren."

In die Ermittlungen um die mittlerweile gelöschte Domain www.heil-hitler.de hat sich unterdessen auch die Schweriner Staatsanwaltschaft und der Militärische Abschirmdienst (MAD) eingeschaltet. Nach Berichten von dpa hat ein 28jähriger Oberfeldwebel der Bundeswehr die Domain beantragt. Der zuständige Staatsanwalt hält die Sachlage für "strafrechtlich relevant". In dem Ermittlungsverfahren werde dem Verdacht auf Verstoß gegen §86 a des Strafgesetzbuchs wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nachgegangen.

Der Berliner Web-Hoster Strato, der die Domain freigeschaltet und beherbergt hat, beschäftigt seit gestern 10 Mitarbeiter damit, alle Domainnamen auf anstößige Inhalte hin zu untersuchen. Bis zum heutigen Mittwoch Abend hat er 28 Domains vom Netz genommen und deren Inhabern fristlose Kündigungen ausgesprochen. Strato-Sprecher Sören Heinze hält die Diskussion darum, wer für die Löschung denn nun verantwortlich ist, für "geschmacklos". Da sei der "Ball einfach vom Einen zum Anderen geschoben" worden. Strato hätte so schnell wie möglich gehandelt. "Wenn eine Institution nach der Vorstellung des Denic geschaffen wird, können wir uns gut vorstellen, uns da finanziell zu beteiligen." (hob)