Netflix überrascht beim Umsatz, schafft kleinen Nettogewinn

Für das vierte Quartal meldet Netflix kaum Umsatzzuwachs und eine geringere Marge, aber immerhin keinen Verlust. 2023 sieht das Management rosig.

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Netflix-Gutscheinkarten in einem Supermarktregal

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(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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Inhaltsverzeichnis

Streaming-Anbieter Netflix hat im vierten Quartal 2022 7,9 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht. Das sind 1,9 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2021. Parallel ist die Zahl tatsächlich bezahlter Abos um vier Prozent auf 231 Millionen gestiegen. Die Abos bringen im Durchschnitt also geringfügig weniger ein (-2%) – in EMEA (Europa, Naher Osten und Afrika) ist dieser Rückgang mit mehr als zehn Prozent besonders stark. Das liegt vor allem am 2022 stark gesunkenen Eurokurs.

Der Betriebsgewinn Netflix' ist im vierten Quartal um ein Achtel auf 550 Millionen Dollar gefallen. Das bedeutet, dass die Marge von 8,2 auf 7 Prozent gesunken ist. Dieses Betriebsergebnis ist allerdings deutlich besser, als das Management vorhergesagt hatte. Die Umsätze sind höher ausgefallen, gleichzeitig hat Netflix weniger Personal eingestellt, als ursprünglich geplant. Entsprechend erfreut reagieren die institutionellen Anleger im nachbörslichen Handel: Netflix-Aktien sind um mehr als sechs Prozent teurer geworden.

Um gleich 95 Prozent eingebrochen ist der Vorsteuergewinn des Unternehmens, nämlich von 796 Millionen Dollar im vierten Quartal 2021 auf nur noch 39 Millionen im nun berichteten Jahresviertel. Durch eine Steuergutschrift ergibt sich ein Nettoquartalsgewinn von 55 Millionen Dollar. Der Einbruch liegt zum Teil an der gegen Jahresende erfolgten teilweisen Erholung des Eurowechselkurses.

Netflix hat hohe Schulden, davon fünf Milliarden in Euro-Anleihen. Je mehr sich der Eurokurs erholt, umso höher wird der Schuldenberg in Dollar gerechnet. Solange die Schulden nicht fällig sind, wirkt sich das aber nur auf dem Papier aus, nicht auf die Barkasse. Dort hat Netflix eine Wende geschafft: Hat der Betrieb im vierten Quartal 2021 noch 403 Millionen Dollar Geld verbraucht, hat er diesmal 444 Millionen Dollar netto abgeworfen. Nach Abzug von Aufwendungen für den Erwerb von Immobilien und Ausrüstung bleibt ein Free Cash Flow von 332 Millionen Dollar (nach -569 Millionen Dollar ein Jahr zuvor).

"2022 war ein hartes Jahr, mit einem unruhigen Beginn, aber einem glänzenderen Abschluss", schreibt das Netflix-Management an seine Aktionäre. Im neuen Jahr erwartet es eine gedeihliche Entwicklung: Wer sein Netflix-Abonnement mit Dritten teilt, soll dafür zur Kasse gebeten werden; das betrifft größenordnungsmäßig die Hälfte der Abonnenten. Außerdem sollen Werbeeinnahmen zusätzliche Umsätze bringen, wenn auch nur langsam.

Seit Anfang November bietet Netflix ein günstigeres Werbeabo an. Wer sich an vier bis fünf Minuten Werbung pro Streaming-Stunde, eingeschränkter Auswahl und fehlender Downloadmöglichkeit nicht stört, kann eine um drei Euro (Deutschland) oder Dollar (USA, Kanada) niedrigere Abogebühr zahlen. Netflix' Werbeabo ist bislang wenig erfolgreich, zumindest in den USA. Kein Wunder, so viel Reklame für so wenig Rabatt ist keine Mezzie – für die Zuschauer.

Für Netflix und seine Werbekunden hingegen sind diese Abos sogar profitabler als die normalen Bezahlabos: "Die Reaktion auf dieses Angebot sowohl von Verbrauchern als auch Werbetreibenden hat unsere Auffassung bestätigt, dass unser werbeunterstützter Tarif sehr wirtschaftlich ist (mindestens gleichauf oder besser als vergleichbare werbefreie Tarife) und uns zusätzliche Einnahmen und Profit beschweren wird", verrät Netflix, "Obwohl die Auswirkungen 2023 gering sein werden, zumal dies langsam wachsen wird."

Im Gesamtjahr 2022 hat Netflix 31,6 Milliarden Dollar umgesetzt (+6,5%). Davon blieben 5,6 Milliarden Dollar Betriebsgewinn, ein Rückgang um neun Prozent. Die Marge ist also von 20,9 auf 17,8 Prozent gesunken. Der Vorsteuergewinn ist um ein Zehntel auf 5,3 Milliarden Dollar gefallen, der Nettogewinn um ein Achtel auf 4,5 Milliarden Dollar. Der nicht nach anerkannten Buchhaltungsregeln berechnete Freie Cash Flow ist 2022 auf 1,6 Milliarden Dollar gesprungen. 2021 war er noch negativ, nämlich um 159 Millionen Dollar.

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Der schwache Eurokurs hat ein schlechteres Nettoergebnis verhindert. Das ist kein Widerspruch zu den weiter oben berichteten Auswirkungen auf den Vorsteuergewinn des vierten Quartals. Während sich der Eurowechselkurs im vierten Quartal teilweise erholt und damit den Schuldenberg von Netflix vergrößert hat, ist er über das Gesamtjahr 2022 gesehen doch deutlich gefallen, was Netflix' Schulden um 353 Millionen Dollar verringert hat. Beides wirkt sich, wie zuvor erwähnt, nur auf dem Papier aus – nur soweit diese Euro-Anleihen fällig werden, spürt Netflix das in der Kasse.

Dort hatte das Unternehmen zum Jahreswechsel übrigens 5,1 Milliarden Dollar liegen, zuzüglich 900 Millionen kurzfristiger Investitionen. In Summe hat sich die Geldreserve in dem Jahr kaum verändert; sie ist um knapp 58 Millionen Dollar gewachsen. Den Wert ihrer Filmrechte beziffert die Firma mit 32,7 Milliarden Dollar, was 1,8 Milliarden Dollar mehr ist, als Ende 2021.

2023 möchte das Management den freien Cashflow fast verdoppeln, nämlich auf mindestens drei Milliarden Dollar. Die Marge dürfte im ersten Jahresviertel fallen, im Gesamtjahr aber leicht steigen. Die Umsatzprognose beschränkt sich auf das laufende Quartal, wo Netflix vier Prozent mehr einnehmen möchte. Der Kundenzuwachs wird sich voraussichtlich in Grenzen halten.

Update

Korrektur: Der Nettoquartalsgewinn betrug 55 Millionen US-Dollar und nicht 55 Milliarden Euro.

(ds)