Computex

Netzteile - "Go for Gold!"

Wer als Netzteil-Hersteller etwas auf sich hält, schmückt zumindest die höherwertigen Produkte mit einem "80 Plus"-Logo. 2009 darf es gern auch mal die "Gold"-Variante dieser Spezifikation sein - die Umwelt und der Geldbeutel des Nutzers sagen "Danke".

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Georg Schnurer

Ja, das waren noch Zeiten, als man schmunzelnd über die Computex schlendern konnte und sich bei jedem zweiten oder dritten Netzteilhersteller über den Watt-Wahnsinn amüsieren konnte. Inzwischen haben selbst die durch teilweise subventionierte Energiepreise verwöhnten Netzteil-Hersteller der Insel erkannt, dass Energie – noch dazu elektrische – ein höchst kostbares Gut ist. Auch wenn dieser Lernprozess vor allem "kundengetrieben" sein dürfte, freut es einen doch, wenn inzwischen jeder noch so kleine Hersteller mit einem 80-Plus-zertifizierten Modell aufwarten kann.

Die Logo-Kriterien schreiben vor, dass alle Netzteile einen Power Factor von mindestens 0,9 bei 50 Prozent Nennlast haben müssen. Zudem muss der Wirkungsgrad bei 20, 50 und 100 Prozent Nennlast oberhalb bestimmter Vorgaben liegen. Das 80-Plus-Logo wird in vier Stufen vergeben: Einfach (20% Last: 80% / 50% Last: 80% / 100% Last: 80 % Wirkungsgrad), Bronze (82/85/82), Silber (85/88/85) und Gold (87/90/87). Der größte Aufwand ist naturgemäß für die höchste derzeit definierte Klasse erforderlich. Besonders die 87 Prozent Wirkungsgrad bei 20 Prozent der Nennlast stellen die Entwickler vor so manches Problem. Technische Lösungen, die im oberen Lastbereich für guten Wirkungsgrad sorgen, arbeiten bei niedriger Last oft erschreckend ineffizient. Das Zauberwort heißt nun "Resonant Switching". Dahinter steckt eine ausgefuchste Schwingkreisschaltung, die sich (annähernd) in Resonanz befindet und so sehr energieeffizient arbeitet. Das Problem ist nun, diesen Schwingkreis bei den schnell wechselnden Lastsituationen, denen ein PC-Netzteil ausgesetzt ist, immer wieder in den richtigen Arbeitspunkt zu bekommen. Hier kocht jeder Hersteller sein eigenes Süppchen, weshalb Fotos vom Inneren der neu vorgestellten Modelle in der Regel verboten sind. Auch mit technischen Erklärungen hält man sich für taiwanische Verhältnisse erstaunlich zurück.

Netzteil-Parade (11 Bilder)

Seasonix X-Serie

Im goldenen Käfig: Das neue X-Serie von Seasonic (650 und 750 Watt) darf sich mit dem Gold-Logo schmücken.

Als weitere Stolpersteine, so war von einigen Anbietern zu hören, könnten sich die für diesen Herbst erwarteten Lynnfield-Prozessoren von Intel erweisen. Sie sollen mit ihrem überarbeiteten Powermanagement so manches hocheffiziente Netzteil aus dem Takt bringen. Anbieter wie etwa Enermax oder Seasonic ziehen es deshalb vor, ihre 80-Plus-Gold-Netzteile erst im Herbst auf den Markt zu bringen, auch wenn erste Vorseriengeräte schon in den Testlabors der Boardhersteller ihre Arbeit verrichten. Andere, wie etwa OCZ sehen hingegen keinen Grund, mit der Markteinführung auf Intel zu warten.

Im "Männerbereich" des InWin-Messestands herrscht anscheinend Krieg.

Wer noch nicht mit goldzertifizierten Netzteilen aufwarten kann, versucht die Kundschaft auf andere Weise zu beeindrucken: Der Waffenfetischist etwa dürfte sich für die Präsentation von In Win begeistern. Die Produkte im Military-Look werden in martialischer Umgebung präsentiert. Da die Welt selbst für In Win nicht nur aus ballergeilen Jungs besteht, hat man in einem abgeteilten Bereich des Computex-Standes auch noch ein Mädchenzimmer aufgebaut. Im klischeegetreuen Rosa gehalten gibt’s hier PC-Gehäuse und ein Netbook nur fürs weibliche Geschlecht. Na ja, vielleicht kommt ja auch hier irgendwann ein etwas moderneres Rollenbild an.

Mädchen mögen natürlich lieber ein rosa Ambiente, meint InWin.

Zum Glück gibt es aber auch noch Netzteilhersteller, die versuchen, mit Innovationen auf Kundensuche zu gehen. Positiv fiel uns zum Beispiel Cooler Master auf. Das PC-Netzteil "LAN Power 700" ist eine sinnreiche Kombination aus Netzteil und Powerline-Adapter. Die (kostensparende) Idee dahinter: Jeder Powerline-Adapter braucht ein Netzteil und wenn man seinen PC ohnehin schon mit Powerline via Stromkabel ins Heimnetz bringt, kann man die entsprechende Schaltung doch gleich ins Netzteil verfrachten. Per kurzem LAN-Kabel wird das dann extern mit der PC-Lan-Buchse verbunden, fertig ist der Netzwerkanschluss. Ob der von Cooler Master verwendete (neue) Homeplug-Standard sich allerdings auch in Deutschland durchsetzen kann, bleibt abzuwarten.

Netzteile & Co. (3 Bilder)

Cooler Master Power LAN

Nette Idee: Den Powerline-Adapter hat Cooler Master gleich ins Netzteil integriert. Die beiden Adapter vor dem 700-Watt-Modell "Power LAN" dienen zum Anschluss weiterer Geräte ans Hausnetzwerk via Stromleitung.

Wer PC-Netzteile baut, fertigt in der Regel natürlich auch andere Energieversorgungseinheiten. Das geschieht zwar üblicherweise als OEM-Produzent, ohne dass das eigene Markenlogo in Erscheinung tritt, doch das muss ja nicht so bleiben. Pfiffige Lösungen kann man auch schon mal selbst an den Käufer bringen, dachten sich deshalb Glacialtech (AC100P, 100 Watt) und Huntkey (HKA09019045-8B, 90 Watt) und stellten Notebook-Netzteile vor, die sich sowohl aus der Steckdose als auch via Zigarettenanzünder-Adapter aus der Autobatterie mit Energie versorgen. Zusätzlich besitzen beide Geräte auch noch einem USB-Port, über den sich gängige 5-Volt-gespeiste Mobilgeräte aufladen lassen. Auf Reisen benötigt man so für sein Notebook, Handy und Co. nur noch ein Ladegerät. Das Huntkey-Modell versorgt über den Hauptspannungsausgang ausschließlich Notebooks, die mit einer 19-Volt-Speisung arbeiten. Beim Gerät von Glacialtech kann man die Ausgangsspannung in weiten Grenzen frei wählen. Es liefert 15 V, 16 V, 18,5 V, 19 V, 19,5 V, 20 V,20,5 V und 24 V. Zusammen mit dem umfangreichen Steckeradapterset sollte sich also fast jedes Notebook mit diesem Netzteil speisen lassen.

Eine weitere hübsche Idee hatte FSP mit der "Power Bank". Das inzwischen in drei Versionen erhältliche Gerät besteht im Prinzip aus einem Lithium-Ionen-Akku, der sich via USB-Port laden lässt und seine Energie auch wieder via USB-Buchse abgibt. Damit ist die Power Bank ein hübscher und handlicher Energielieferant für viele gängige Mobilgeräte. In der Basisversion hat der Akku eine Kapazität von 8,14 Wh. Die kleinere, auch via integrierter Solarzelle ladbare Variante liefert 5,18 Wh. Der Dritte im Bunde kann noch mehr: Er vereint einen USB-Stick mit einem Akku und einem Laserpointer. Seasonic vertreibt die kleinen praktischen Packs allerdings nicht unter eigenem Namen. Sie werden beispielsweise von Amacrox, GSkill und diversen anderen Firmen angeboten. (gs)