Neue ICANN-Gebühren für Domain-Registrierung geplant

75 Cent pro .net-Registrierung möchte die Internet-Verwaltung gerne vom neuen Betreiber der .net-Registry; die Pläne führen zur Neuauflage der Diskussionen um eine "Domain-Steuer".

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Von
  • Monika Ermert

75 Cent pro .net-Registrierung möchte die Internet-Verwaltung Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) gerne vom neuen Betreiber der .net-Registry. Der Betrieb der .net-Registry wird gerade neu ausgeschrieben, unter anderem bewirbt sich auch die .de-Registry DeNIC. In den USA hat die 75-Cent-Forderung nun bereits zu einer Neuauflage der Debatte um "Domainsteuern" geführt. Im alten Europa stellt man sich dagegen vor allem die Frage, wann ICANN die Gebühr auch auf andere Top Level Domains ausweiten wird.

Bislang zahlen die Registries generischer, nicht auf spezielle Benutzergruppen ausgerichteter Top Level Domains (.com, .net, .org und .info) 132.000 Dollar pro Jahr an ICANN. Unterschiedliche Beiträge für die verschiedenen Registries würden sich wohl nicht auf Dauer durchsetzen lassen, denn das würde .net einen schwer vertretbaren Wettbewerbsnachteil bescheren. Da sich am Markt wohl schwerlich unterschiedliche Preise für .com/.info und .net durchsetzten dürften, meint ein Beobachter, würde bei den unterschiedlichen TLDs unterschiedlich viel Geld hängen bleiben. Dass gar nichts auf die Nutzer umgelegt wird, ist dabei auch kaum vorstellbar.

Die Registrare, also die Dienstleister für den Domaineintrag bei den Registries, müssen ohnehin im Geschäftsjahr 2004/2005 erstmals auch domainbezogene Gebühren bezahlen. Zusätzlich zu einem Fixbetrag haben sie laut ICANNs neuem Budget pro Neuregistrierung oder Verlängerung 25 Cent an ICANN abzuführen. Rechnet man die neuen Gebühren für Registry und die Transaktiongebühren für die Registrare zusammen, dann habe man genau wieder den von ICANN vor Jahren diskutierten Betrag von einem Dollar zusammen, wettert US-Journalist Declan McCullagh. Zusammen mit den Mehreinnahmen aus der Vergabe zusätzlicher neuer Top Level Domains wie .mobi, .travel, .post und .jobs kann ICANN damit seine Kassen füllen.

Auch wenn der "Steuervorwurf" hierzulande nicht ganz so starke politische Reaktionen hervorruft, warnen Beobachter doch davor, dass ICANN sich zu stark von einem Modell der Kostendeckung entfernen könnte. Die Organisation solle tatsächlich nicht "Gebühren" verlangen, sondern für Kostendeckung bei der eigenen Arbeit sorgen. Sollte Paul Twomey und seine private Netzverwaltung allerdings alle Registries künftig mit der neuen Domain-Gebühr belasten, müsse man sich fragen, was es mit den fälligen rund 30 Millionen zu tun gedenke. Darauf gab es am gestrigen Montag ganz unerwartet auch schon eine erste Antwort: Bei einer Sondersitzung des Vorstands bewilligten die ICANN-Direktoren die Zahlung von 100.000 US-Dollar an die UN Working Group on Internet Governance.

Die von Kofi Annan eingesetzte Arbeitsgruppe soll sich eigens mit der Zukunft der globalen Netzverwaltung, also auch der Zukunft der ICANN befassen. Vielleicht glaubt man, der auf UN-Ebene mächtig für sich werbenden International Telecommunication Union (ITU) Paroli bieten zu müssen. Auch weitere neue Aufgaben hat sich die ICANN auf die Fahnen geschrieben, so etwa Mittel für Projekte in Entwicklungsländern. Ironie dieser Entwicklung: Der Weltgipfel der Informationsgesellschaft, der die digitale Kluft beseitigen soll, kostet die Nutzer, auch die in den Entwicklungsländern, am Ende auch noch Geld. (Monika Ermert) / (jk)