Neue Runde: Schach Mensch-Maschine

Das Schachprogramm Hydra läuft auf einem Linux-Cluster aus 64 Rechnern, deren Xeon-Prozessoren mit 3 GHz ticken und in denen 32 ADM-XP-70-FPGA-Karten stecken. Es tritt gegen den Großmeister Michael Adams an.

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Von
  • Lars Bremer

Am heutigen Dienstag startet in London ein Schachwettkampf über sechs Partien zwischen Großmeister Michael Adams und dem FPGA-Programm Hydra. Im Unterschied zu bisherigen Mensch-Maschine-Matches kümmert sich der Sponsor diesmal auch um die Motivation des Spielers, der leer ausgeht, wenn er alle Partien verliert. Für jedes Remis bekommt Adams 10.000 US-Dollar, jeder Sieg wird ihm mit 25.000 US-Dollar überzuckert. Gewinnt der Großmeister also 6-0, wandern 150.000 US-Dollar auf sein Konto.

Hydra läuft auf einem Linux-Cluster aus 64 Rechnern, deren Xeon-Prozessoren mit 3 GHz ticken. Davon liegt jedoch nach Angaben des Programmierers Dr. Chrilly Donninger die Hälfte brach, weil derzeit nur 32 ADM-XP-70 FPGA-Karten darin stecken. Der auf den Xeons laufende Softwareteil des Programms durchsucht den Spielbaum nur bis zu einer bestimmten Tiefe und übergibt die am Ende enststehende Stellung an die VirtexII-Pro-70-Karten, die noch eine kurze Suche dranhängen und die Bewertung durchführen. Gerade die Bewertungsfunktion frisst in Software sehr viel Rechenzeit, und jeder zusätzlich zu bearbeitende Bewertungsterm bremst die normalen PC-Programme daher ein bisschen mehr, was sich in geringerer Suchtiefe niederschlägt. FPGA-Karten können dagegen eine Stellung praktisch "auf einen Schlag" bewerten, darum rechnet Hydra trotz aufwendiger Bewertung wesentlich schneller als die PC-Konkurrenz.

Adams, der es im vergangenen Jahr bis ins Finale der FIDE-Weltmeisterschaft schaffte, steht momentan auf Platz sieben der Weltrangliste und ist besonders bekannt für Verteidigungshärte in beinahe aussichtslosen Stellungen, was ihm den Spitznamen "Tricky Mickey" eintrug. Seine trockene Spielweise sollte die eher taktisch ausgerichtete Hydra eher vor Probleme stellen als spektakuläres Angriffsschach, doch das dachte man auch vom Spiel des Weltmeisters Wladimir Kramnik, der vor zweieinhalb Jahren in Bahrain gegen das Programm Fritz nur 4-4 spielte.

Fernschach-Großmeister Arno Nickel aus Berlin vertritt die Ansicht, Adams könne das Match gewinnen. Nickel muss es wissen, hat er doch kürzlich zwei Fernschachpartien gegen Hydra gewonnen, in denen das Programm gegen positionelle Grundsätze verstoßen habe, schreibt Nickel auf dem Fernschachserver Chessfriends.com. Allerdings konnte sich Nickel der Unterstützung von PC-Programmen bedienen, während Adams dem Schach-Monster ohne elektronische Hilfe gegenübertritt. Und die Nahschach-Bilanz von Hydra gegen Menschen könnte ihn Gruseln machen: In Bilbao erreichte das Programm 3,5 von 4 möglichen Punkten gegen sehr starke Großmeister, darunter der momentan Weltranglistendritte Wesselin Topalow. Kurz zuvor hatte Hydra den starken GM Wladimirow ebenfalls mit 3,5-0,5 Punkten vom Schachbrett gewischt und gegen die stärkste PC-Software Shredder mit drei Siegen bei fünf Unentschieden die Oberhand behalten. Beim kürzlich ausgetragenen PAL/CSS-Freistil-Turnier konnte Hydra allerdings nicht überzeugen und versackte im geschlagenen Mittelfeld.

Die sechs Partien zwischen Hydra und Michael Adams finden ab heute täglich um 16 Uhr statt, Donnerstag ist Ruhetag. Wer das Match live verfolgen möchte, kann das auf Playchess.com tun; ein kostenloser Client für den Schachserver steht dort zum Download bereit, allerdings nur für Windows. (Lars Bremer) / (jk)