Neuer Patentreform-Vorstoß im US-Kongress
Abgeordnete und Senatoren der Demokraten und der Republikaner haben in beiden Kammern des US-Kongresses identische Entwürfe zur Novellierung des Patentwesens eingebracht, die den Schadensersatz bei Verletzungen sachgerechter gestalten wollen.
Abgeordnete und Senatoren der Demokraten und der Republikaner haben in beiden Kammern des US-Kongresses einen weiteren Anlauf zur Novellierung des Patentwesens unternommen. Mit den interfraktionellen Entwürfen für einen Patent Reform Act of 2009 (PDF-Datei) wollen die Gesetzgeber die Debatte an der Stelle wieder aufnehmen, wo sie im vergangenen Jahr zum Erliegen gekommen war. Substanzielle Änderungen an den in der vergangenen Legislaturperiode diskutierten Vorschlägen enthält das Papier so nicht. Die Unterstützer des Vorstoßes, zu denen der Vorsitzende des Justizausschusses des Senats, der Demokrat Patrick Leahy, sein republikanischer Kollege Orrin Hatch sowie die beiden Abgeordneten John Conyers von den Demokraten und Lamar Smith (Republikaner) gehören, sind sich trotzdem sicher, dass sie das Vorhaben in diesem Jahr zu Ende führen können.
Umstritten war beim letzten Mal vor allem der Ansatz, die Ausgleichszahlungen für die Verletzung gewerblicher Schutzrechte "angemessen" zu fassen. So sollten Richter Schadenersatz nur mehr auf der Basis des "spezifischen Beitrags" eines Patents zum Stand der Technik beziehungsweise zu bereits erfolgten industriellen Entwicklungen und dokumentierten gewerblichen Erfindungen ("Prior Art") festsetzen dürfen. Diese Regelung soll nicht gelten, wenn ein Anspruchinhaber und Kläger zeigen kann, dass der spezielle Innovationsanteil die Hauptbasis für die Marktnachfrage eines Produkts oder Verfahrens ist, das in seine Schutzrechte eingreift. Ferner müssen Patentinhaber laut dem Entwurf einem Gericht einen "klaren und überzeugenden Nachweis" erbringen, dass ihre Erfindungen absichtlich kopiert worden sind, wenn sie eine dreifache Schadenersatzsumme geltend machen wollen.
Der Entwurf stellt zudem die Weichen für die Umstellung auf das weltweit praktizierte "First-to-File"-Prinzip. Für die Erteilung eines befristeten staatlichen Monopolrechts ist danach der Zeitpunkt entscheidend, zu dem ein Antrag beim Patentamt eingeht. Bisher ist in den USA der Moment der Erfindung maßgebend.
Die geteilten Reaktionen auf die Initiative ließen nicht auf sich warten. Vereinigungen der Computerindustrie wie die Coalition for Patent Fairness, der Firmen wie Apple, Cisco Systems, HP, Microsoft, RIM und SAP sowie Branchenvertretungen wie die Business Software Alliance (BSA) angehören, begrüßten den Neustart. Das derzeitige US-Patentrecht gibt ihrer Ansicht nach Inhabern auch schwacher Schutzansprüche große Anreize, Produktionsfirmen zu verklagen. Michelle Lee, Patentchefin bei Google, moniert in einem Blogeintrag die wachsenden rechtlichen Kosten, die Technologiefirmen für die Abwehr fragwürdiger Ansprüche von "Patent-Trollen" ausgeben müssten. Die gerichtlich anerkannten Schadenersatzansprüche seien in Millionenhöhen gestiegen. Das US-Patentsystem habe sich so zu einer "Hürde für die Innovation" entwickelt.
Die Mittelstandsvereinigung Innovation Alliance, die Konzerne wie 3M, Johnson & Johnson oder Procter & Gamble umfassende Coalition for 21st Century Patent Reform sowie die ähnlich ausgerichtete Manufacturers Alliance on Patent Policy kündigten hingegen erneut Widerstand an. Sie wollen von einer Einschränkung von Schadenersatzansprüchen nichts wissen. Aus ihren Reihen stammt eine Studie, wonach durch das Vorhaben die Werte aller US-Patente um 34,4 bis 85,3 Milliarden US-Dollar sinken könnten. Der Schaden für die US-Wirtschaft wird auf bis zu 225,4 Milliarden Dollar taxiert, da 298.000 Jobs auf dem Spiel stünden. (Stefan Krempl) / (pmz)