Neuer US-Gesetzesentwurf gegen "Patent-Trolle" ist heftig umstritten

Am Vorstoß im US-Senat zur Reform des Patentwesens scheiden sich die Geister: unabhängige Entwickler lehnen eine Umstellung auf das "First to File"-Prinzip vehement ab, während Technologiekonzerne sich dafür aussprechen.

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Am aktuellen Vorstoß im US-Senat zur Reform des Patentwesens in den USA scheiden sich die Geister. Aneinander geraten sind angesichts der weitgehenden Vorschläge vor allem unabhängige Entwickler auf der einen und Technologiekonzerne auf der anderen Seite. Sie streiten sich vor allem über die zeitlichen Kriterien, die über die Patentierbarkeit einer Entwicklung entscheiden sollen. Patentanwälte versuchen derweil mit der Ansage zu vermitteln, dass die geplanten Änderungen so gravierend nicht seien und vor allem eine Harmonisierung mit den Patentsystemen in Europa und Japan mit sich bringen würden.

Für die Erteilung eines gewerblichen Rechtsschutzes soll laut dem Gesetzesentwurf der Senatoren Orrin Hatch und Patrick Leahy künftig der Zeitpunkt entscheidend sein, zu dem ein Antrag beim Patentamt eingeht ("First to File"-Prinzip). Bisher gilt in den USA – im Gegensatz zum Großteil der restlichen Welt – die "First to Invent"-Regel. Sie stellt auf den Moment der Erfindung ab. Nachweise auf "Prior Art", also Belege für bereits erfolgte industrielle Entwicklungen, könnten auch mit der Änderung noch für offizielle Eingaben gegen Monopolansprüche genutzt werden. Daraus würde aber kein Recht für die Erteilung eines eigenen Patents erwachsen.

Gegen die Umstellung läuft vor allem die Professional Inventors Alliance USA Sturm. Der Präsident der Vereinigung unabhängiger Erfinder, Ron Riley, verschärfte seine Kritik an dem Vorhaben Anfang der Woche noch einmal. Der Entwurf kommt ihm zufolge der Vorstellung vieler großer Technologiefirmen von einem reformierten Patentsystem entgegen, "in dem sie das Eigentum von Erfindern schier ungestraft verwenden können." Seine Lobbygruppe sieht kleine Entwickler mit dem "First to File"-Prinzip ins Hintertreffen geraten, da sich die durchschnittlichen Kosten für eine Patentanmeldung angesichts hoher Anwaltsgebühren in den USA auf 15.000 US-Dollar belaufen würden. Viele kreative Köpfe könnten sich dies nicht leisten und seien daher auf den zusätzlichen Schutz angewiesen, den die "First to Invent"-Regel mit sich bringe.

Ähnliche Kritik übt Michael Love, Chefentwickler des GNU-Darwin-Projekts aus der freien Softwarewelt: "Die 'First to File'-Geschichte hört sich für mich wie ein Frevel und eine komplette Verspottung der eigentlichen Bedeutung eines Patents an", zitieren ihn US-Medien. Unabhängige Erfinder würden von einem solchen Patentpoker ausgeschlossen, fürchtet Love. Prior-Art-Einwände könnten wertlos werden, wenn aus einem Patentanspruch allein eine zu Papier gebrachte Erklärung werde. Der Zeitpunkt der Anmeldung eines Monopolanspruchs sollte daher nur dann entscheidend sein, wenn der eigentliche Erfinder nicht ausfindig zu machen sei.

Konzerne wie Microsoft und ihre Lobby-Organisationen wie der Unternehmensverband Business Software Alliance (BSA) unterstützen die Reformpläne aus dem Senat dagegen. Sie begrüßen die im Raum stehende Harmonisierung der Patentsysteme und die vorgeschlagene Kappung der Schadensersatzforderungen bei Patentstreitigkeiten, auch wenn das Senatspapier im Gegensatz zu dem schon älteren Entwurf für einen Patent Reform Act aus dem US-Repräsentantenhaus keine Einschränkung der Wirksamkeit einstweiliger Verfügungen in gerichtlich ausgetragenen Patentstreitigkeiten vorsieht. Beide Kammern des US-Kongresses wollen mit ihren Reformvorschlägen vor allem den viel beschworenen "Patent-Trollen" das Leben schwer machen, die sich mit teils erkauften und nicht in eigene Produkte umgesetzten Schutzansprüchen über das Prozesswesen zu bereichern suchen.

Bruce Sunstein, Chef der Patentabteilung in der Bostoner Anwaltskanzlei Bromberg & Sunstein LLP, lobte den Senatsentwurf derweil als einen "recht intelligenten und ausbalancierten" Weg zur Patentreform. Kleine Erfinder hätten kaum etwas zu verlieren, da bei Auseinandersetzungen in der Praxis nur "ein paar Terminangaben geprüft werden". Der Gewinn für das gesamte Patentsystem wäre dagegen groß, da die Kosten für die gerichtliche Klärung des ursprünglichen Erfinders einer geschützten oder theoretisch zu schützenden Entwicklung 100.000 US-Dollar oder mehr verschlingen könnten.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)