Neuer WIPO-Chef fordert Neujustierung des Systems für Geistiges Eigentum

Die Weltorganisation für Geistiges Eigentum hat seit gestern mit dem Australier Francis Gurry einen neuen Generaldirektor. Als eine große Aufgabe der kommenden Jahre bezeichnete er das "Management des Klimawandels".

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Von
  • Monika Ermert

Die Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) hat einen neuen Generaldirektor. Zum Auftakt der Generalversammlung der Mitgliedsstaaten gestern in Genf wurde der in einem Auswahlverfahren im Frühjahr nur knapp gewählte Australier Francis Gurry (PDF-Datei) offiziell zum neuen Chef der WIPO ernannt. Gurry, der langjähriger Angestellter der WIPO in leitenden Funktion war, folgt dem zuletzt umstrittenen Kamil Idris. Idris hatte nach Missmanagement-Vorwürfen ein Jahr vor Ablauf seines Vertrags den Hut genommen, nachdem mehrere große Mitgliedsstaaten die Verabschiedung des Budgets für 2008 verweigerten.

Gurry und der Vorsitzende der Generalversammlung, der nigerianische UN-Botschafter in Genf Martin Uhomoibhi, dankten Idris am Ende für seine Dienste. Idris selbst sagte laut einer Mitteilung der Organisation, er sei stolz auf die Entwicklung der WIPO. Zufrieden dürfte Idris vor allem darüber sein, dass er, wie das Fachblatt Intellectual Property Watch berichtete, seine Gehaltszahlungen noch bis zum Ende des Vertrages im kommenden Jahr erhält.

Gurry nannte in seiner ersten Rede als neuer Generalsekretär das "Management des Klimawandels" im Bereich des Geistigen Eigentums als große Aufgabe der kommenden Jahre. Die Diskussionen um den Schutz des Geistigen Eigentums stünden heute im Zentrum der internationalen Debatte. Dabei sei es wichtig, sich daran zu erinnern, dass Geistiges Eigentum niemals Selbstzweck sein könne. Es sei vielmehr ein Instrument zur Förderung von Innovationen und beim Schutz der Kunden vor gefährlichen Fälschungen.

Eines der Probleme, mit denen sich die WIPO in den kommenden Jahren auseinandersetzen müsse, sei der drohende Kollaps der Patentämter. Das Patentsystem könne Opfer seines eigenen Erfolges werden, mit 1,7 Millionen angemeldeten, aber 3,5 Millionen noch anhängigen Patentschriften. Bei der notwendigen multilateralen Lösung dieses Problems will Gurry auf den bestehenden Patent Cooperation Treaty (PCT) der WIPO setzen. Der PCT könnte für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Patentämtern sorgen, bei denen aktuell viele Patentanträge parallel begutachtet werden.

Im Bereich des Urheberrechts sprach Gurry von möglichen Problemlösungen durch den Markt, sei es durch technische Schutzvorkehrungen und durch das Privatrecht. Allerdings müsse der Wechsel von einem stärker öffentlich organisierten und beaufsichtigten System des Urheberrechts zu privatrechtlichen Regelungen sehr bewusst vollzogen werden. Angesichts illegaler Downloads und der Fälschungen von Produkten im Wert von rund 200 Milliarden US-Dollar jährlich seien die angelaufenen Verhandlungen zu einem neuen internationalen Antipiraterieabkommen (ACTA) verständlich. Gurry erinnerte die Industrieländer, die dieses Abkommen gerade außerhalb der WIPO-Staatengemeinschaft verhandeln, dass gesundheitliche Risiken durch gefälschte Medizinprodukte global bekämpft werden müssten. Hier stellte Gurry die Rolle der WIPO zur Diskussion, also ob sie lediglich für mehr Aufklärung und Training von Behörden im Antipirateriekampf sorgen oder sich "handfester engagieren" soll. (Monika Ermert) / (anw)