Neues Energieeffizienzlabel für Displays und Haushaltsgeräte

Die Energieeffizienzlabel reichen bald wieder von A bis G. Manches TV könnte von A+ nach G abrutschen, und manch ein Hersteller könnte ver­suchen, zu tricksen.

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(Bild: MVOPro via Pixabay)

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Inhaltsverzeichnis

Die EU will die Aussagekraft der Energielabel für Elektrogeräte stärken und hat dafür die Energieeffizienzindex-Skala überarbeitet. Künftig sollen sich TVs und Haushaltsgeräte wieder wie ursprünglich vorgesehen in die Klassen A bis G einordnen lassen. Hier schoss in der Vergangenheit der Wildwuchs ins Kraut: Die Skala gewann seit 2011 ganz offiziell drei Klassen hinzu und reichte bis A+++. Unten verlor sie dagegen zwei, da Geräte der Energieeffizienzklasse F und G faktisch im Handel nicht mehr vertreten waren. Stattdessen lagen zuletzt beispielsweise fast alle Kühlschränke in den Topklassen A+ bis A+++. So ließ sich für Verbraucher kaum noch einschätzen, wie sparsam ein Gerät wirklich ist.

Hinter dieser Tendenz steckt tatsächlich eine allgemein höhere Energieeffizienz der Geräte. Um künftig jedoch mehr Luft nach oben zu haben, hat die EU die Neuskalierung des Energieeffizienzindex (EEI) so gefasst, dass zunächst keine Geräte in der A-Klasse liegen werden. Für Produktgruppen mit besonders rasanter technischer Entwicklung gehen sogar die beiden obersten Klassen A und B zunächst leer aus. Das ist prinzipiell verständlich, dürfte bei Verbrauchern aber einige Verwirrung stiften – wer möchte schon ein Gerät mit Effizienzklasse G kaufen?

Das neue Energieeffizienzlabel für TVs unterscheidet zwischen SDR- und HDR-Betrieb und besitzt einen QR-Code für weitere Informationen.

(Bild: EU-Kommission)

Natürlich erhofft sich die EU, dass die Hersteller kräftig an der Energieschraube drehen. Der jährliche Energieverbrauch von Fernsehgeräten in der EU machte im Jahr 2016 mehr als drei Prozent des gesamten Stromverbrauchs aus. Der prognostizierte Energiebedarf von Fernsehgeräten, Monitoren und Infoschirmen würde mit den bisherigen Rahmenbedingungen bis 2030 voraussichtlich auf fast 100 TWh/Jahr steigen. Durch die neue Verordnung soll er stattdessen um bis zu 39 TWh/Jahr reduziert werden.

Ab dem 1. März ist die neue Skalierung für Fernseher und erstmals auch für Monitore und mittelgroße Infodisplays verpflichtend. Monitore für den professionellen Einsatz etwa zur Videobearbeitung, für CAD und den Grafik- oder Rundfunksektor sowie sehr helle Signage-Displays für draußen benötigen dagegen kein Label.

Für Waschmaschinen, Spülmaschinen, Waschtrockner sowie Kühl- und Gefriergeräte wurde das Energieeffizienzlabel ebenfalls neu aufgelegt. Für Lampen findet die Umstellung erst im September 2021 statt, für andere kennzeichnungspflichtige Elektrogeräte wie Trockner, Staubsauger und Backöfen voraussichtlich 2024. Bei Heizungen wird sogar erst 2026 umgestellt, weil die A-Plus-Klassen derzeit den erneuerbaren Energien vorbehalten sind, die aber deutlich mehr kosten als Heizungen mit fossilen Brennstoffen. Deshalb lässt sich keine angemessene Spreizung der Klassen umsetzen, argumentiert die Kommission.

Die Einführung der neuen EEI-Klassen solle den jeweiligen Markt nicht behindern, versichert sie. So soll zwar in jeder Kategorie regelmäßig nachgeschärft werden, aber nur etwa alle zehn Jahre, auch um die Händler und Lieferanten nicht zu sehr zu belasten. Denen steht in der nächsten Zeit nämlich einige Arbeit ins Haus: Sie müssen innerhalb von zwei Wochen sämtliche Displays umetikettieren, die seit November 2020 in den Läden stehen oder gerade neu geliefert wurden. Zumindest in dieser Hinsicht könnte der derzeitige Lockdown einigen Händlern sogar entgegenkommen.

Das kleine OLED-TV von LG würde in der neuen Energieeffizienzklasse G landen. In der alten, für ihn geltenden Klasse ist es mit A gelabelt.

Das EEI-Label muss gut sichtbar am Gerät angebracht werden, in Prospekten soll die Einstufung stets hervorgehoben werden und auch im Online-Handel muss sie auf den ersten Blick zu erkennen sein. Über einen QR-Code auf dem Label hat man Zugriff auf alle wichtigen technischen Gerätedaten. Diese muss der Hersteller ab sofort in eine Datenbank einpflegen, die auch die Marktüberwachungsbehörden benutzen, um die Einstufungen zu überprüfen. Die Datenbank mit den vollständigen Produktdaten ist maschinenlesbar, durchsuchbar und frei zugänglich. Im EEI-Label verweist ein QR-Code auf sie und die EU hofft, dass Entwickler sie für Produktvergleichs-Apps nutzen werden, bei denen die Energieeffizienz eine tragende Rolle spielt.

Allerdings ist die Effizienz nur eines von vielen anderen Kriterien: Zwar fließt in die EEI-Berechnung die Bilddiagonale ein, doch ein 65-Zoll-TV mit 8K-Auflösung kann in derselben Energieeffizienzklasse landen wie ein 32-Zöller mit Full HD. Ersterer wird aufgrund der größeren Bilddiagonale und der höheren Auflösung aber vier- bis achtmal so viel Energie schlucken wie das kleine Full-HD-Modell. In der Bilddiagonale liegt deshalb bei Monitoren und TVs ganz allgemein das größere Sparpotenzial.

Außerdem gilt: Je länger ein Gerät genutzt wird, umso effizienter wird es bei Betrachtung der Gesamtenergiebilanz. Um die Nachhaltigkeit der neuen Geräte zu verbessern, wurden auch die Ökodesign-Richtlinie aktualisiert. Laut ihr müssen die Hersteller für Neugeräte ab dem 1. März 2021 Ersatzteile wie das Netzteil, Anschlussbuchsen und weitere Kleinbauteile sowie die Fernbedienung sieben Jahre lang nach Abverkauf eines Modells für Reparaturen lagern und die Daten dazu auf einer Webseite zugänglich machen. Das letzte Firmware-Update und die letzte Sicherheitsaktualisierung sollen acht Jahre lang dokumentiert und bereitgestellt werden, die erforderlichen Demontage-Schritte zur Entsorgung sogar mindestens 15 Jahre lang. Das wird aber wohl nur bei den etablierten großen Herstellern klappen.

Etliche Smart-TVs, die bisher in Energieeffizienzklasse A oder B lagen, würden ab 1. März in die Klasse G abrutschen.

Die alten Energieeffizienzklassen lassen sich nicht ohne Weiteres auf die neuen übertragen. Wir haben die neue Formel exemplarisch auf drei Fernseher angewendet, die wir in der Vergangenheit getestet haben. Dabei können wir nur den Index für die Wiedergabe von Bildern mit normalem Farbumfang (SDR) ausrechnen, denn die 10-minütigen Testsignale der IEC liegen uns noch nicht im kontraststarken HDR-Format vor. Für HDR wird auf dem Label ein eigener Index angegeben. Er dürfte gerade bei den hochwertigen TVs schlechter ausfallen als das SDR-Pendant.

Während die Ökodesign-Richtlinie den OLEDs Bonuspunkte in Form eines Korrekturfaktors spendiert, findet man bei der Energieverbrauchskennzeichnung nur für Signage-Displays eine kleine Korrektur für hohe Leuchtdichten. Die meisten OLED-TVs werden in der Effizienzklasse G landen, beklagte sich ein namhafter OLED-Hersteller. Auch die in der Ökodesign-Richtlinie befristete Unterscheidung zwischen verschiedenen Auflösungen fehlt in der EU-Richtlinie 2019/2013 zur Energieeffizienz. Das dürfte ein herber Schlag für die Anbieter von 8K-TVs sein: Durch die kleinen Pixel der ultrahochauflösenden Geräte dringt weniger Licht als durch die Pixel von gleich großen 4K-TVs; deshalb sind 8K-TVs ziemlich energiehungrig.

Die gerade angekündigten Displays mit Mini-LEDs im Backlight zählen ebenfalls zu den energiehungrigsten. Das haben die ersten Monitore mit FALD-Backlight aus Mini-LEDs gezeigt. Auch Fernseher mit vielen Dimming-Zonen – noch ohne Mini-LEDs – gehörten in der Vergangenheit nicht gerade zu den Asketen, von den lang ersehnten TVs mit Mikro- oder Nano-LEDs als Bildpunkte ganz zu schweigen.

Beim TV-Kauf hilft die neue Skalierung erstmal wenig, da die meisten Geräte ganz unabhängig von der Technik zunächst in Effizienzklasse F oder G landen werden.

HDR-TVs sind auf sehr hohe Leuchtdichten getrimmt und das treibt die Leistungsaufnahme jedes Displays in schwindelnde Höhen. Das Zugeständnis der EU-Kommission, SDR und HDR separat zu betrachten, soll in zwei Jahren auf den Prüfstand gestellt werden. Bis dahin könnten sich die Hersteller Auswege überlegen, etwa über die Bildmodi: Ermittelt wird der Energiebedarf stets im Werkspreset und damit meist im Standardmodus. Wenn man in diesem das Backlight reduziert, geht die Leistungsaufnahme runter. Sobald HDR-Inhalte zugespielt werden, kann das TV automatisch andere Bildeinstellungen aufrufen – dann ist zwar der EEI für HDR hoch, aber der groß aufgedruckte SDR-Index bleibt okay.

So etwas schwante natürlich auch der EU-Kommission. Sie schreibt in der Richtline, die "Normalkonfiguration (…) muss dem Endnutzer in dem bestimmungsgemäßen Umfeld oder für die bestimmungsgemäße Verwendung die bestmögliche Qualität bieten." Außerdem darf sich die Leistung der Geräte unter Testbedingungen nicht automatisch verändern – VW lässt grüßen.

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(uk)