Neurologische Erkrankungen: Gehirnstimulation mit 3D-Ultraschall macht Hoffnung

Forscher arbeiten an einem 3D-Ultraschall-System, das das Gehirn stimulieren und bei Krankheiten wie Epilepsie, Parkinson sowie Depressionen helfen soll.

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Der 3D-Matrix-Ultraschalltransducer der Fraunhofer IBMT für die transkranielle Neurostimulation ist in der Lage, exakt definierte Punkte in der Tiefe des Gehirns zu stimulieren.

Ein "3D-Matrix-Ultraschalltransducer" soll bei der tiefen Hirnstimulation helfen und dadurch bei neurologischen Erkrankungen wie der Alzheimer-Demenz helfen.

(Bild: Fraunhofer IBMT / Bernd Müller)

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Typischerweise wird 3D-Ultraschall für Diagnosezwecke genutzt, jetzt sollen sich künftig Krankheiten wie Epilepsie, Parkinson, Depression, Suchterkrankungen oder auch die Folgen von Schlaganfällen behandeln und zumindest lindern lassen – ohne operativen Eingriff. Dafür entwickeln Forscher des Fraunhofer-Instituts für Biomedizinische Technik (IBMT) aus St. Ingbert ein spezielles Ultraschallsystem, das mit 256 einzeln ansteuerbaren Ultraschallwandlern einzelne Punkte in tieferen Hirnregionen ansteuern und durch eine 3D-Steuerung des Schallstrahls genau stimulieren soll.

Die für die Forschung notwendigen Daten erhält das Institut aus den Ergebnissen einer vorangegangenen Magnetresonanztomografie des Patienten. Anschließend wissen die Ärzte, welche Gehirnareale für die neuronale Erkrankung verantwortlich sind. Mit den Positionsdaten, die in die Steuerungssoftware fließen, lassen sich "die Ultraschallsignale exakt ausrichten".

Der Schallkopf wird dabei über ein flexibles Pad auf den Kopf gesetzt. Von der Behandlung merken die Patienten nichts. Nach derzeitigem Stand der Forschung sei der Ultraschall aufgrund seiner geringen Intensität unbedenklich, außerdem müsse das Haar nicht abrasiert, sondern nur mit Kontaktgel behandelt werden. "Die Ultraschallfrequenzen bewegen sich im niederfrequenten Bereich unter 1 MHz, beispielsweise bei etwa 500 kHz", heißt es in einer Pressemitteilung. Für den Schallkopf setzen die Forscher "piezoelektrische Elemente" ein, die ihre Oberfläche bei Spannung verändern und auf diese Weise den Ultraschall produzieren.

An diesen und ähnlichen Methoden – etwa der elektrischen Hirnstimulation – arbeiten Wissenschaftler seit Jahrzehnten, doch bestimmte Areale möglichst genau zu treffen, stellt sie dabei vor Herausforderungen. In die neue Methode setzen das Forscher-Team rund um Steffen Tretbar zusammen mit Industriepartnern aus Deutschland, der EU, USA, Kanada und Australien große Hoffnungen. "Durch eine individuelle Ansteuerung der 256 elektronischen Kanäle wird die Ultraschall-Behandlung 3D-fähig. Die schachbrettartig angeordneten Elemente des Schallwandlers bestrahlen das gewünschte Gehirnareal aus unterschiedlichen Winkeln", so Tretbar.

Das Ultraschallgerät lasse sich so programmieren, "dass die Strahlen in einer vordefinierten Sequenz gesendet werden oder bestimmten Bewegungsmustern folgen". Künftig sollen sich alle Parameter individuell einstellen lassen. Eine Hoffnung ist, Plaque in den Gehirnzellen bei Alzheimer-Erkrankungen zu lösen oder Depressionen zu behandeln. "Forschende können unsere Technologie-Plattform nutzen, um ganz verschiedene Therapien zu entwickeln und in Zukunft auch in klinischen Testreihen zu erproben", sagt Tretbar.

"Methoden wie die Stimulation mittels von außen angelegter Magnetfelder bringen aufgrund der relativ geringen Präzision, mit der sie einwirken, derzeit noch keine optimalen Ergebnisse", schreibt IBMT. Elektroden im Gehirn zu platzieren, ist jedoch invasiv und riskant. Das zeigte jüngst der Fall eines Patienten, bei dem sich die von der Firma Neuralink eingepflanzten Elektroden lösten. Er ist der erste Patient mit einer Gehirn-Computer-Schnittstelle.

(mack)