Noch vor dem Bau: Größtes deutsches SiC-Halbleiterwerk steht vor dem Aus

Die US-Firma Wolfspeed verzögert ihr milliardenteures Werk für Siliziumkarbid-Bauteile im Saarland. Ob es jemals entstehen wird, ist mittlerweile fraglich.

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Geplantes Wolfspeed-Werk im Saarland

So soll eigentlich das SiC-Werk von Wolfspeed im Saarland aussehen. So bald wird daraus aber nichts.

(Bild: Wolfspeed)

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In der deutschen Siliziumkarbid-Branche geht es heiß her. Der US-Hersteller Wolfspeed verzögert den Bau seines geplanten Werks in Ensdorf, Saarland, um weitere Jahre. Der deutsche Partner ZF soll seine Minderheitsbeteiligung abgesagt haben.

Ursprünglich sollte der Bau im ersten Halbjahr 2023 beginnen, allerdings lief er bis heute nicht an. Die Kosten werden auf 2,75 Milliarden Euro geschätzt – für ein SiC-Werk ist das ein hoher Wert. Im letzten Quartalsbericht (PDF) schrieb Wolfspeed:

"Im Februar 2023 kündigten wir die Absicht an, eine hochautomatisierte, hochmoderne Wafer-Verarbeitungsanlage im Saarland zu bauen. Wir arbeiten weiterhin mit der Europäischen Union, der deutschen und der saarländischen Regierung an einem Förderpaket für diese Anlage. Der Zeitpunkt und die Höhe dieser Zuschüsse sind ungewiss und könnten, wenn überhaupt, im Geschäftsjahr 2026 oder später eintreten. Wir werden mit dem Bau dieser Anlage erst beginnen, wenn die Zuschüsse beschlossen sind, und wir erwarten, dass der größte Teil der Investition nach dem Geschäftsjahr 2025 erfolgen wird."

Wolfspeeds Geschäftsjahr 2025 endet im Juni 2025. Übliche Fördersummen für Halbleiterwerke liegen bei 40 Prozent – im Falle von TSMCs Dresdener Silizium-Halbleiterwerk (ESMC) sind es sogar 50 Prozent.

Der deutsche Autozulieferer ZF soll sich inzwischen komplett aus dem saarländischen Projekt zurückgezogen haben. Das berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf Regierungskreise. Mit 170 Millionen Euro wäre sein Anteil ohnehin überschaubar gewesen.

Eigentlich gilt der Bau von Komponenten aus Siliziumkarbid (SiC) als Wachstumsmarkt, weil sie besonders effiziente Leistungshalbleiter für hohe Schaltspannungen ermöglichen. Dazu gehören etwa Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistoren (MOSFETs) für Elektroautos sowie Ladestationen, E-Bikes, Photovoltaik-Wechselrichter (PV-WR) sowie Hochspannungsnetze (HGÜ).

Allerdings haben zahlreiche SiC-Hersteller weltweit fortlaufend ihre Produktionskapazitäten erhöht und auch chinesische Hersteller verstärken den internationalen Handel. Schon der Beginn der Lieferkette kämpft derzeit mit niedrigen SiC-Wafer-Preisen, die laut Digitimes teilweise mit Verlust verkauft werden.

Wolfspeed stellt einereits SiC-Wafer her und gehört dabei zu den führenden Produzenten, verarbeitet diese andererseits aber auch selbst zu SiC-Komponenten.

Im Saarland wollte Wolfspeed SiC-Wafer zu Leistungshalbleitern weiterverarbeiten. Allerdings schwächelt der (E-)Automarkt als einer der wichtigsten Abnehmer. Zudem schmiedet der bisher wichtige Wolfspeed-Kunde STMicro eigene Pläne mit einem großen SiC-Werk in Italien neben einem Joint-Venture mit Sanan für weitere Bauelemente.

Bisher hatten Wolfspeed und STMicro ein umfangreiches Kaufabkommen. Im letzten Geschäftsbericht gab Wolfspeed an, dass die drei größten Kunden 20, 14 beziehungsweise 11 Prozent des eigenen Umsatzes ausmachten – hinter dem größten Kunden vermutet man STMicro. Diese Umsätze sind mittelfristig in Gefahr.

Auch Bosch und Infineon bauen ihre eigenen Produktionskapazitäten aus, unter anderem in den USA und in Malaysia. Bosch betreibt zudem in Reutlingen, Baden-Württemberg, ein Werk. Dort verarbeitet die Firma 150 mm große SiC-Wafer – Wolfspeed wollte ein moderneres Werk für 200-mm-Wafer bauen. Die Marktforschungsgruppe Yole fasst die bisher geplanten SiC-Werke auf einer Weltkarte zusammen.

Update

Wolfspeed wollte nicht das erste deutsche SiC-Halbleiterwerk bauen – Bosch betreibt bereits eins. Es sollte aber das größte werden. Wir haben die Überschrift und den Text entsprechend angepasst.

Diverse Hersteller planen diverse neue Halbleiterwerke für SiC-Leistungshalbleiter.

(Bild: Yole Group)

(mma)