Nord Stream: Neue Recherchen deuten auf russische Schiffe am Explosionsort hin

Neue Recherchen mehrerer Fernsehsender kommen zum Ergebnis, dass vor den Explosionen an Nord Stream offenbar mehrere russische Schiffe vor Ort waren.

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An der Meeresoberfläche war der Austritt von Methan aus den Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 Ende September 2022 deutlich sichtbar.

An der Meeresoberfläche war der Austritt von Methan aus den Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 Ende September 2022 deutlich sichtbar.

(Bild: Schwedische Küstenwache)

Lesezeit: 3 Min.

Die Aufklärung des Sabotageakts an den Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 ist immer noch keinen entscheidenden Schritt weitergekommen. Ein neuer Medienbericht mehrerer skandinavischer Rundfunksender deutet jetzt darauf hin, dass möglicherweise Russland selbst die Gasverbindung zwischen Russland und Deutschland zur Explosion gebracht hat.

Investigativjournalisten der Sender SVT (Schweden), NRK (Norwegen), DR (Dänemark) und Yle (Finnland) wollen herausgefunden haben, dass sich in den Monaten und Tagen vor der Detonation offenbar mehrere russische Marineschiffe in der Nähe der späteren Explosionsorte befanden. Die Erkenntnisse stützen sich auf abgefangene Funksprüche, von denen ein früherer britischer Geheimdienstmitarbeiter berichtet, sowie auf Satellitenbilder. Dänische Behörden hatten letzte Woche außerdem die Sichtung eines Schiffes bestätigt, das ein geeignetes Mini-U-Boot an Bord hatte. Es habe sich im September 2022 vier Tage vor den Explosionen in der Nähe der Pipeline befunden. Die Marine habe zahlreiche Fotos des Spezialschiffes "SS-750" aufgenommen.

Laut dem Medienbericht hätten sich verschiedene russische Schiffe mehrfach bei den Pipelines befunden. Dabei hätten sie jeweils ihre Ortungssender abgeschaltet. Russland hingegen bezichtigt westliche Staaten der Täterschaft. Zwischenzeitlich gab es auch im Westen Zweifel, dass Russland für den Sabotageakt verantwortlich sein könnte.

Bei den Explosionen am 26. September 2022 nahe der dänischen Insel Bornholm waren beide Stränge von Nord Stream 1 und ein Strang von Nord Stream 2 schwer beschädigt worden. Nord Stream 2 war aus betrieblichen Gründen mit Gas befüllt, wurde aber nach Fertigstellung niemals in Betrieb genommen. Nord Stream 1 war zuvor im Sommer angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen Russland und dem Westen von Russland außer Betrieb genommen worden. Durch die Lecks entwich eine große Menge Methan in die Atmosphäre.

Neben der neuen Spur gibt es auch immer noch die Untersuchungen, dass die Täter an Bord einer gemieteten Segeljacht von Deutschland aus zu den Pipelines gelangt sein könnten und dort Sprengladungen angebracht haben. Infrage komme hier eine proukrainische Gruppe oder eine Operation unter falscher Flagge, um die Ukraine der Tat zu bezichtigen. Bislang wurden keine weiteren Ermittlungsergebnisse bekannt. Schweden, Dänemark und Deutschland ermitteln unabhängig voneinander, halten aber ihre Ergebnisse unter Verschluss.

Ein ranghoher NATO-Geheimdienstbeamter warnt indessen davor, dass Russland aktiv Gaspipelines und Internet-Seekabel in Europa und Nordamerika auskundschafte. Es bestehe ein hohes Risiko von Sabotageakten, um die Wirtschaft oder die Energieversorgung zu stören, berichtet Politico. Der stellvertretende Generalsekretär der Nordatlantik-Allianz erklärte demnach, dass Russland hierfür zivile Schiffe und Spionageschiffe einsetze und seine Patrouillenfahrten erhöht habe.

(mki)