Nord Stream: So viel Methan strömte aus den zerstörten Pipelines

Die Vereinten Nationen haben das Ausmaß des Gasaustritts untersucht und eingeordnet. Vor dem UN-Sicherheitsrat wird indessen über eine Untersuchung gestritten.

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Gasleck von Nord Stream

Methan strömte Ende September aus den Trümmern der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream an die Oberfläche

(Bild: Schwedische Küstenwache)

Lesezeit: 3 Min.

Die Zerstörung dreier Stränge der Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee könnte zum weltweit größten bekannten Austritt von Methan geführt haben. Dies geht aus einem Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und der Internationalen Beobachtungsstelle für Methanemissionen hervor. Laut den Experten gibt es aber noch Unsicherheiten über das genaue Ausmaß, eine Menge zwischen 75.000 und 230.000 Tonnen Methan sei aber plausibel. Das entspräche etwa 0,1 Prozent der globalen, von Menschen verursachten Emissionen von Methan.

Methan gilt als Treibhausgas und als besonders klimaschädlich. Ende September waren bei Explosionen vor der dänischen Insel Bornholm beide Pipelinestränge von Nord Stream 1 und einer von Nord Stream 2 schwer beschädigt worden. Obwohl die Leitungen zwischen Russland und Deutschland zu dem Zeitpunkt kein Gas transportieren, entwich dennoch eine sehr große Menge an Methan, das sich aus betrieblichen Gründen stets in der Leitung befindet. Unterdessen fordert Russland vor dem UN-Sicherheitsrat eine von den Vereinten Nationen geführte Untersuchung der Explosionen im September 2022.

Die Erhebungen der Vereinten Nationen sind noch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Ausgewertet wurden verschiedene Messdaten, darunter von Satelliten und Luftmessungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie der Technischen Universität Braunschweig. Um zu präziseren Zahlen zu gelangen, müsse aber zum Beispiel noch untersucht werden, wie viel Methan möglicherweise beim Aufstieg vom Wasser der Ostsee aufgenommen wurde.

Der Methanaustritt in der Ostsee sei von der Größenordnung in etwa vergleichbar mit einem massiven Gasleck nahe von Los Angeles, das im Jahr 2015 auftrat. Dabei entwichen rund 100.000 Tonnen Methan aus einem Bohrloch der unterirdischen Lagerstätte Aliso Canyon. Bezogen auf den jährlichen Methanausstoß weltweit mache Nord Stream aber weniger als 0,1 Prozent aus und entspreche einem Tag der globalen Metanemissionen aus der Öl- und Gasindustrie, heißt es. Unklar ist, warum das Methan, das in großen Blasen an die Meeresoberfläche gelangte, nicht abgefackelt wurde. Als Kohlendioxid wäre das Gas weitaus weniger klimaschädlich, sagen Experten.

Vor dem UN-Sicherheitsrat wird derweil darüber gestritten, ob die Vereinten Nationen eine aktive Rolle in der weiteren Untersuchung des Sabotageakts spielen sollten. Ein entsprechender Vorstoß kommt aus Russland, wo man sich durch einen umstrittenen Medienbericht des US-Investigativjournalisten Seymour Hersh darin bestätigt sieht, dass angeblich die USA hinter dem Anschlag stecken. Hershs Recherchen werden von vielen Journalisten für fragwürdig gehalten, da er sich auf eine einzige anonyme Quelle stützt und seine Angaben zudem Ungereimtheiten enthalten sollen.

Die UN-Beauftragte für politische und friedensbildende Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, erklärte allerdings, dass die Vereinten Nationen nicht in der Lage seien, Behauptungen zu überprüfen und deshalb die laufenden nationalen Untersuchungen abwarten würden. Deutschland, Dänemark und Schweden ermitteln in der Sache unabhängig voneinander. In Briefen erklärten die drei Staaten, dass ihre Untersuchungen noch andauern und auch nicht abzusehen ist, wann diese abgeschlossen sein könnten. Schwedische Behörden sprechen von grober Sabotage und dass an den Trümmern der Pipeline in 70 Metern Tiefe fremde Gegenstände beschlagnahmt worden seien, die zusammen mit Sprengstoffresten auf einen Anschlag hindeuten würden. Russland bezweifelt die Integrität und Transparenz der Untersuchungen.

(mki)