Notebook-Prozessoren: Intel veröffentlicht schiefen AMD-Vergleich

Intel behauptet, AMDs Ryzen-4000U-CPUs hätten im Akkubetrieb schlechte Performance – doch die Ursache ist eine Stromsparfunktion des Notebooks.

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(Bild: Nico Ernst / heise online)

Lesezeit: 4 Min.
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Intels Chief Performance Strategist Ryan Shrout gab kürzlich eine Präsentation an die US-Presse weiter, in der er die Leistung der eigenen Tiger-Lake-Mobilprozessoren Intel Core i-1100G mit AMDs Renoir-Modellen Ryzen 4000U verglich. Konkret ging es um die Rechenleistung der Prozessoren im Akkubetrieb sowie mit angeschlossenem Netzteil – besser gesagt um die Differenz dazwischen.

Auf Basis einiger Benchmarks, darunter PCMark 10 und ein PDF-Konvertierer, zieht Intel den Schluss, dass Notebooks mit Ryzen-4000U-Prozessoren unterwegs ohne Netzteil deutlich langsamer rechnen. Die Diskrepanz von 38 – 48 Prozent zwischen Steckdosen- und Akkubetrieb würde die Differenzierung zwischen Ryzen 3 (vier CPU-Kerne), Ryzen 5 (sechs CPU-Kerne) und Ryzen 7 (acht CPU-Kerne) aufheben. Die Benchmark-Ergebnisse stimmen im richtigen Kontext zwar, Intels Darstellung verzerrt die Realität jedoch enorm.

Intels Notebook-Leistungsvergleich mit Netzteil vs. Akkubetrieb (6 Bilder)

Intels Core i7-1165G7 hält seine Leistung im Akkubetrieb, nimmt aber 50 Watt und mehr auf.
(Bild: Intel, via ExtremeTech )

Intel zeigt den Grund für die Leistungsdifferenz selbst auf: Die Ryzen-4000U-Prozessoren in den getesteten Notebooks benötigen im Akkubetrieb bis zu 10 Sekunden, um ihre Boost-Tatkfrequenzen voll auszufahren. Was Intel allerdings verschweigt: Das ist ein vom Notebook-Hersteller bewusst vorgesehenes Verhalten, um Akku-Energie zu sparen, indem sich die CPUs nicht bei jeder kurzen Last sofort hochtakten. AMD gibt Herstellern dazu zwar Richtlinien an die Hand, lässt ihnen bei der Konfiguration aber freie Hand. Intel hat fünf Notebooks getestet, vier davon stammten von Lenovo, eins von HP.

Aufgrund des verzögerten Boost-Verhaltens fallen die Ergebnisse von Benchmarks, die länger als ein paar Sekunden kontinuierlich laufen, im Akkubetrieb deutlich besser aus. Intel selbst zeigt Ergebnisse des Render-Benchmarks Cinebench R20, tut diese aber nur mit einem "sonderbar" ("oddly") ab.

Indirekt räumt Intel mit der eigenen Präsentation zudem ein, dass Tiger Lake viel Energie benötigt, um durch sehr hohe Taktfrequenzen mit AMDs Konkurrenz mitzuhalten. Denn Tiger Lake hat nur vier CPU-Kerne, AMDs Renoir hingegen bis zu acht. Fast alle rechenintensiven Benchmarks erledigt das AMD-Topmodell Ryzen 7 4800U schneller als die bisher schnellste lieferbare Tiger-Lake-CPU Core i7-1165G7 und verbraucht dabei gleichzeitig weniger Energie.

AMD spezifiziert für die Ryzen 4000U eine Thermal Design Power (TDP) von 15 Watt. Doch je nach der Auslegung von Stromversorgung und Kühlsystem des jeweiligen Notebooks passen die Notebook-Hersteller per konfigurierbarer TDP (cTDP) die CPU an ihre Hardware an. Renoir-Prozessoren lassen sich auf 25 Watt cTDP einstellen – in kurzfristigen Boosts steigt die Leistungsaufnahme dann auf gut 30 Watt. Intel empfiehlt Notebook-Hersteller hingegen, Tiger Lake mit 28 Watt TDP zu verbauen. Das kurzfristige PL2 (Powerlimit 2) liegt bei mehr als 50 Watt, üblicherweise für 20 bis 30 Sekunden.

Die Webseite ExtremeTech regt in diesem Zusammenhang an, dass Intel die Verbesserungen des Taktverhaltens im Akkubetrieb auch als Vorteil gegenüber dem hauseigenen Vorgänger Ice Lake vermarkten könnte. Ein gegengetesteter Surface Laptop 3 mit Core i7-1065G7 von Microsoft zeigte nämlich dasselbe Verhalten, das Intel AMD ankreidet: Im Akkubetrieb sinkt die Leistung teils rapide und das auch über längere Zeiträume, etwa in den Render-Benchmarks Cinebench R23 und Handbrake, bei letzterem auf halbierte Performance.

Im typischen Alltagsbetrieb von Notebooks ist eine möglichst hohe kurzzeitige Rechenleistung wünschenswert, weil das beispielsweise das Booten beschleunigt, den Start von Anwendungen und das Laden von komplexen Webseiten. Anschließend fallen die CPU-Kerne dann in einen sparsameren Betriebsmodus zurück, um Akkustrom zu sparen. Wie der Prozessor konkret auf wechselnde Rechenlast reagiert, hängt dabei stark von der Auslegung des individuellen Notebooks ab. Bei vielen Notebooks lässt sich das Taktverhalten des Prozessors auch über die Energieverwaltung an eigene Wünsche anpassen.

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