Nürnberger Pestgrab: Ausgrabungen tausender Tote fast beendet, Analysen folgen

In Nürnberg befinden sich Archäologen in den letzten Zügen, Tausende von jahrhundertealten Gebeinen auszugraben. Es handelt sich um bis zu 3000 Pestopfer.

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Pestgrab in Nürnberg

In Nürnberg ausgegrabene Gebeine.

(Bild: In Terra Veritas)

Lesezeit: 3 Min.

Die Ausgrabungen auf dem größten Pestfriedhof in Deutschland neigen sich langsam dem Ende zu. Laut Stadtarchäologin Melanie Langbein wurden am Fundort in Nürnberg die Überreste von mehr als 2000 Toten aus dem 17. Jahrhundert freigelegt. "Wir haben bereits einige Anfragen von Forschungsinstituten erhalten", erzählt Langbein gegenüber heise online. Demnach geht ein Teil der Gebeine für DNA-Analysen demnächst an das Max-Planck-Institut an die Abteilung für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Mit Ausgrabungen befasster Archäologe.

(Bild: In Terra Veritas)

Die Toten wurden in vielen Schichten übereinander gefunden und lagen laut dpa zum Teil bis zu eineinhalb Meter tief unter der Erde. Einige hundert Pestopfer müssen demnach noch freigelegt werden – mit bis zu 3000 Toten sei zu rechnen. Aufgrund der Abfälle einer ehemaligen Kupfermühle in der Nachbarschaft sind die Knochen teils grün verfärbt. Anhand der Knochen können Wissenschaftler unter anderem herausfinden, welche Mangelerscheinungen und Krankheiten die Menschen hatten, wie hart sie arbeiten mussten und vieles mehr. Gefunden wurden Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen.

Am Zahnabrieb lasse sich Langbein zufolge ein Stück weit auf den sozialen Status schließen. "Im billigen Mehl war mehr Abrieb der Steinmühlen, dadurch wurden die Zähne stärker abgenutzt", erklärt Langbein. Aus den Zähnen der Toten lasse sich sogar die DNA des Pest-Erregers extrahieren und mehr über dessen Entwicklung im Verlauf der Pest herausfinden.

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Der angehende Entomologe Luca Zehner beschäftigt sich in seiner Bachelorarbeit zudem mit den Insekten auf den Leichen, beziehungsweise deren Spuren, die Aufschluss über den Todeszeitpunkt geben. Nach seinen bisherigen Untersuchungen aus dem Massengrab habe sich allein in einem einzigen Schädel eine Population von rund 50 Erdkäfern (vermutlich Trox Scaber) eingenistet.

Das passiere im Winter in den Augen- oder Nasenhöhlen, weil es dort "schön kuschelig warm" sei und das Gehirn genügend Nahrung bietet. Schmeiß- und Käsefliegen mögen beispielsweise zerlaufenes Gewebe, das entsteht, wenn es draußen warm ist und die Leiche dann relativ zügig zerläuft. Zudem habe er auch die Puppen weiterer Insekten gefunden – ob es sich dabei um noch mehr Käfer oder Fliegen handel, könne Zehner noch nicht sagen.

Möglich seien allerdings auch Kreuzspuren von einzelnen Insekten, die sich beispielsweise zufällig im Grab verirren. Darum sei es wichtig, 20 bis 25 Prozent der Funde zu analysieren. Für seine Arbeiten nutzt Zehner ein Auflichtmikroskop mit einer bis zu 160-fachen Vergrößerung, das sei völlig ausreichend. Mit seiner Forschungsarbeit will er unter anderem herausfinden, in welcher Reihenfolge die Gräber angelegt wurden.

(mack)