O2 fordert Chancengleichheit bei der Frequenzvergabe [Update]

Der Netzbetreiber begrüßt zwar ausdrücklich die Auktion der Bundesnetzagentur, sieht aber die großen Netzbetreiber T-Mobile und Vodafone begünstigt, die durch ihren frühen Markteintritt bereits besser mit luktrativen Spektren ausgestattet sind.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 54 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.

Der Mobilfunknetzbetreiber O2 meldet sich im Vorfeld der anstehenden Frequenzvergabe für neue Breitbanddienste zu Wort und fordert "einen fairen Zugang für alle Mobilfunkanbieter" zu den Frequenzen unter 1000 MHz. Bleibt es beim aktuellen Vergabeverfahren, fürchtet O2 eine weiter zunehmende Ungleichverteilung der Frequenzspektren zu Gunsten der beiden großen Netzbetreiber T-Mobile und Vodafone. Auch Konkurrent E-Plus hatte schon Bedenken gegen das Vergabeverfahren angemeldet, das die größeren Netzbetreiber bevorzuge.

Im besonders für großflächige Funkversorgung interessanten Bereich unter 1000 MHz werden insgesamt 30 MHz gepaarten Spektrums versteigert (6 Blöcke zu je 5 MHz). [Update:] Die Blöcke befinden sich im Bereich von 790 bis 862 MHz und werden teilweise umgewidmet (militärische Funkanwendungen sollen umziehen), teilweise sollen sie aber anscheinend auch kooperativ mehr als einem Nutzer zur Verfügung stehen. So beabsichtigt die Bundesnetzagentur, "die Frequenzen nur dann zuzuteilen, wenn effiziente und störungsfreie Frequenznutzungen sichergestellt sind". Insbesondere dürfe "der Mobilfunkdienst im Frequenzbereich 790-862 MHz keine Störungen des Rundfunkdienstes verursachen." Gemeint sind drahtlose Mikrofonanlagen, die beispielsweise im Bereich von 798 bis 814 MHz betrieben werden [/Update]. Als frühen Auslöser der Neuregulierung kann man die Umstellung der terrestrischen TV-Ausstrahlung von analog auf digital ansehen, die einige Rochaden im Spektrum ermöglicht hat – das digitale DVB-T-Verfahren befördert Dank Kompression in einem TV-Kanal drei bis sechs Fernsehprogramme in Standardauflösung. Die eingesparten (digitale Dividende) oder durch Umwidmung gewonnenen Frequenzen versteigert die Bundesnetzagentur gemeinsam mit Frequenzen aus dem weniger interessanten Bereich oberhalb von 1000 MHz im ersten Halbjahr 2010.

Es wird vermutlich die größte Frequenzversteigerung seit der Vergabe der UMTS-Lizenzen im Jahr 2000. Die Bundesnetzagentur wird die Frequenzen zunächst mit Ausbauverpflichtungen für die "weißen Flecken" erteilen, also für ländliche Gebiete, die bisher nicht mit Breitband versorgt sind. Man kann annehmen, dass die Spektren für kommende Highspeed-Techniken wie LTE eingesetzt werden, die nach aktuellem Entwicklungsstand bis zu 300 MBit/s erwarten lassen.

Zwar begrüßt O2 die geplante Frequenzversteigerung durch die Bundesnetzagentur, beklagt aber eine Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten der großen Netzbetreiber T-Mobile und Vodafone, die durch ihren frühen Markteintritt die damals erhältlichen D-Netz-Blöcke ergattert haben (900-MHz-Band). Für die deutlich später gestarteten Betreiber E-Plus und O2 blieben nur Frequenzen im 1800-MHz-Band übrig. Später erhielten sie noch kleinere Happen im 900-MHz-Band, doch das Ungleichgewicht bleibt. Vodafone und T-Mobile verfügen über je 12,4 MHz im GSM-900-Bereich, O2 und E-Plus haben derzeit aber nur je 5 MHz.

Das Spektrum unter 1000 MHz ist unter den Netzbetreibern besonders begehrt, weil damit vergleichsweise wenige Sendemasten genügen, um große Gebiete mit mobilen Sprach- und Datendiensten abzudecken. Das Spektrum um 1800 MHz, bei dem O2 und E-Plus über größere Frequenzbänder verfügen, eignet sich prinzipiell nur für kleine Zellen, also für Städte und Ballungsgebiete.

"Die anstehende Frequenzauktion bietet die einmalige Chance, diese Benachteiligung zu beseitigen, damit wir beim Breitbandausbau auf dem Land weiterkommen und es weiter fairen Wettbewerb im Mobilfunk gibt", meint Markus Haas, für Regulierungsfragen zuständiger Geschäftsführer bei Telefónica O2. Der Netzbetreiber hat dazu der Bundesnetzagengur ein Konzept mit festen Spektrumsgrenzen für alle Mobilfunkanbieter sowie transparenten Ausbauverpflichtungen für Breitband in den bisher unversorgten ländlichen Gebieten vorgelegt.

Haas meint, dass die Vergabe dieser Frequenzen "nicht nur über die Marktchancen in den nächsten 10 bis 20 Jahren entscheiden" wird. Es würden auch insgesamt die Weichen für die mobile Breitbandversorgung und den Wettbewerb im Mobilfunk in Deutschland gestellt. Der zweite kleine Netzbetreiber, E-Plus, hatte sich aus denselben Gründen bereits im Juni mit einem Beschwerdeschreiben an Landes- und Bundespolitiker gewandt. O2 geht nun einen Schritt weiter und fordert eine Gleichverteilung der bestehenden Frequenzen unter den Mobilfunkanbietern.

Die große Lösung wäre, die Spektren in den 900- und 1800-MHz-Bändern umzuverteilen. Man kann annehmen, dass das eine kostspielige Neuplanung großer Netzbereiche zur Folge hätte, weshalb O2 auch gleich die kleine Lösung nachschiebt: Sollten die D-Netzbetreiber dazu nicht bereit sein, solle die Bundesnetzagentur das Kontingent pro Betreiber begrenzen: Kein Mobilfunkbetreiber dürfe dann nach der kommenden Auktion über mehr als 20 MHz im Bereich unter 1000 MHz verfügen, fordert Haas. Da zu vermuten sei, dass die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt, würde dieser Vorschlag zu einem fairen Wettbewerb führen. (dz)