Öko-Pionier Lovelock: Intelligente Roboter gefährlicher als Klimawandel

James Lovelock, einer der bekanntesten Öko-Pioniere und Erfinder, hält inzwischen den Klimawandel für überschätzt. Seine neue Sorge gilt intelligenten Robotern.

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Auch Öko-Pionier Lovelock warnt vor intelligenten Maschinen

Grafik aus dem Buch von James Lovelock "Die Erde und ich".

(Bild: Jack Hudson / Taschen)

Lesezeit: 4 Min.

James Lovelock warnte bereits in den 1960ern vor den Folgen des Klimawandels, später wurde er mit seinem Buch "Das Gaia-Prinzip" weltbekannt. Nun allerdings hat er seine Einschätzung zur Erderwärmung geändert. "Ja, ich habe eine andere Position dazu“, erklärt er in einem Interview in der neuen Ausgabe von Technology Review (ab sofort im Handel erhältlich und im heise shop bestellbar). "Es ist ziemlich offensichtlich, dass der Klimawandel sich nicht so abspielt, wie die Modelle ihn vorhergesagt haben.“ Zur Begründung bezieht er sich auf Kevin Trenberth vom Nationalen Zentrum für Atmosphärenforschung in den USA. Demnach hat man die Rolle der Weltmeere für das Klima völlig unterschätzt.

Er habe zwar nach wie vor keinen Zweifel daran, dass die ansteigende Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre einen Wandel des Klimas verursache. "Was jedoch die Geschwindigkeit und die Auswirkungen angeht, was den Verlauf des Klimawandels angeht, haben wir falsch gelegen." Viel mehr Sorge bereiten ihm dagegen die Fortschritte bei künstlicher Intelligenz: "Die aktuelle Entwicklung in der Computerwissenschaft macht Kurzweils Idee von der Singularität sehr viel wahrscheinlicher", sagte Lovelock . "Das ist eine echte Gefahr." In seinem neuesten Buch "Die Erde und ich" sind zwar noch immer warnende Worte zu den Folgen der Erderwärmung zu finden, aber die jüngsten Erfolge der KI empfindet er als viel drängender.

"Ich denke, als Computer aufgehört haben, als reine Von-Neumann-Maschinen zu arbeiten, wurde eine Grenze überschritten", sagt Lovelock. "Kürzlich haben Haitham Baomar und sein Kollege Peter Bentley vom University College London einen Autopiloten für Flugzeuge mit neuronalen Netzen entworfen. Die europäischen Luftfahrt-Aufsichtsbehörden haben darüber diskutiert, lehnen solche Systeme aber ab, weil sie dem menschlichen Piloten zu viel Kontrolle wegnehmen. Also wird das System wahrscheinlich zunächst in militärischen Drohnen erprobt."

Auf die Frage, ob er solch einen Autopiloten für gefährlich hält entgegnet Lovelock: "Sie erinnern sich vielleicht noch daran, wie es war, als die Diskussion um Gefahren der künstlichen Intelligenz aufkam. Die Leute haben gelacht und gesagt, wenn eine KI nicht macht, was wir wollen, dann können wir immer noch den Stecker ziehen. Aber wie wollen Sie bei einer militärischen Drohne den Stecker ziehen, die 10.000 Meter hoch über ihren Köpfen fliegt, bis an die Zähne bewaffnet ist und tausendmal schneller denken kann als ein Mensch?"

Der mittlerweile 97 Jahre alte James Lovelock pflegt das Image eines akademischen Außenseiters: Mit einem selbst entwickelten Detektor wies der Chemiker und Biophysiker als einer der Ersten erhöhte Konzentrationen von Fluorchlorkohlenwasserstoffen in der Atmosphäre nach – und gab damit einen entscheidenden Hinweis auf die Mechanismen, die zur Entstehung des Ozonlochs führten.

Lovelock selbst hielt die FCKW zunächst für ungefährlich, warnte aber bereits in den 1960ern vor den Folgen des Klimawandels. Er beschrieb die Erde als einen einzigen großen Meta-Organismus, der sich selbst gegen Instabilität wehrt. Dass diese "Gaia-Theorie" als esoterische Spinnerei abgetan wurde, hinderte Lovelock nicht daran, sich immer wieder mit radikalen ökologischen Positionen in die wissenschaftliche Debatte einzumischen. Später verärgerte der mittlerweile 97-Jährige seine ehemaligen Mitstreiter, weil er sich für Kernkraft aussprach und den Klimawandel mit Geoengineering aufhalten wollte.

[Update 10.11.2016 – 09:45 Uhr] Mit Lovelocks veränderter Meinung zum Klimawandel war ein wichtiger Aspekt des Interviews in der ersten Meldung nicht enthalten. Er wurde nun an deren Anfang nachgetragen.

Das vollständige Interview lesen Sie in der Dezember-Ausgabe der Technology Review (ab sofort im Handel und im heise shop erhältlich). (jle)