OneWeb muss auf russische Raketendienste verzichten

Satellitennetzbetreiber OneWeb wird vorerst keine Satelliten mit russischen Raketen mehr starten. Der Zeitplan fällt, das Personal reist ab.

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Sojus-Rakete auf Startrampe

Archivaufnahme aus 2017: Mit dieser Rakete flogen zwei Amerikaner und ein Russe von Baikonur zur Internationalen Raumstation ISS.

(Bild: Ninara CC BY 2.0 "Baikonur")

Lesezeit: 3 Min.

"Der Verwaltungsrat OneWebs hat dafür gestimmt, alle Starts in Baikonur auszusetzen." Das ist der gesamte Wortlaut einer Pressemitteilung, die der indisch-britische Satellitennetzbetreiber OneWeb ab Donnerstag herausgegeben hat. So kurze Pressemitteilungen kommen sonst nur von der Nobelstiftung. Anlass der OneWeb-Entscheidung sind unrealistische Forderungen des staatlichen russischen Raumfahrtunternehmens Roskosmos vor dem Hintergrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine.

OneWeb betreibt ein Netz erdnaher Satelliten in etwa 1.200 Kilometer Höhe. Sie sollen weltweit Datenverbindungen ermöglichen, die OneWeb nur im Großhandel anbieten möchte. 2020 wurde das zahlungsunfähige Unternehmen OneWeb durch eine Teilverstaatlichung gerettet. Unter den verschiedenen strategischen Aktionären ist aktuell der indische Bharti-Konzern der größte, gefolgt von der britischen Krone.

Die erste Ausbaustufe des Netzes sieht 716 Satelliten vor, wovon über 400 bereits im Orbit sind. Hingebracht hat sie Roskosmos, durch insgesamt 13 erfolgreiche Starts mit Sojus-Raketen. Sechs Starts erfolgten vom russischen Kosmodrom Wostotschny, zwei von Kouru in Französisch-Guyana, fünf von Baikonur in Kasachstan. Am Freitag hätten 36 weitere OneWeb-Satelliten von Baikonur aus ins All gebracht werden sollen.

Doch erweist sich Roskosmos als unzuverlässiger Dienstleister zu Kriegszeiten. Am Mittwoch drohte Firmenchef Dmitri Rogosin mit einem Startverbot für OneWeb-Satelliten. Er forderte, dass die Satelliten nicht für militärische Zwecke genutzt würden und sich die britische Regierung von ihrem Firmenanteil trenne.

Der Russe hätte OneWeb auch direkt den Weisel geben können. "Es gibt keine Verhandlungen bezüglich OneWeb. Die Regierung des Vereinigten Königreichs verkauft ihren Anteil nicht", stellte der britische Minister für Business und Energie, Kwasi Kwarteng, klar.

Das wusste Rogosin natürlich. Ohne eine Antwort seines Kunden abzuwarten, ließ er vor laufender Kamera die Flaggen Japans, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika von der bereits auf der Startrampe aufgestellten Rakete entfernen. OneWeb hat seine Mitarbeiter in Baikonur angewiesen, abzureisen. Außerdem hat es beschlossen, auf russische Dienste zu verzichten.

Zwar spricht die Pressemitteilung nur von Starts in Kasachstan, doch sind Starts mit Sojus-Raketen auch von anderen Orten bis auf Weiteres undenkbar. Allerdings muss das Unternehmen nicht bloß einen anderen Anbieter für seine Satellitenstarts finden.

Wie SpaceNews betont, könnte OneWeb auch der Lieferant für die Ionenantriebe, die die Satelliten in ihren Umlaufbahnen halten, verloren gehen. Diese Hallantriebe kommen bisher von der russischen Firma OKB Fakel (Experimental-Konstruktionsbüro Fackel). OneWeb wird seinen Zeitplan, bis August genügend Satelliten für weltweite Netzabdeckung im Orbit zu haben, nicht halten können.

(ds)