Online-Ausleihe: Verleger und Bibliotheken wollen neue Lizenzmodelle erproben

Um E-Books früher ausleihen zu können, empfiehlt ein Runder Tisch, verhandlungsbasierte Lizenzmodelle unter Wahrung der Vertragsfreiheit zu testen.

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(Bild: Black Jack/Shutterstock.com)

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Die Online-Ausleihe von E-Books (E-Lending) in öffentlichen Bibliotheken ist seit Jahren heftig umstritten. Oft müssen Bücherhallen aktuell bis zu 12 Monate warten, bis sie überhaupt eine E-Book-Lizenz kaufen können – keine fairen Rahmenbedingungen, finden sie. Zwei Jahre lang haben deswegen Vertreter von Verlagen, Autoren und Bibliotheken auf Einladung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) am "Runden Tisch E-Lending" beraten. Am Mittwoch legte er seine Abschlussempfehlungen vor. Im Mittelpunkt stehen verhandlungsbasierte Lizenzmodelle, eine gesetzliche Regelung ist vom Tisch.

Das heißt: Urheber und Bibliotheken handeln die Bedingungen für die Online-Ausleihe individuell aus. Dabei seien "die berechtigten Interessen" aller Beteiligten zu berücksichtigen, heißt es in dem Ergebnispapier, dem eine Studie und eine Umfrage vorausgingen. Urheber erhalten eine angemessene und verhältnismäßige Vergütung und auch die "wirtschaftliche Leistung der Verlage als wesentliche Grundlage kreativen Schaffens" sei zu würdigen. Die Unterzeichner erkennen zudem den "Auftrag der öffentlichen Bibliotheken als Bildungs- und Kulturinfrastruktur an", die Bürger auch in der digitalen Welt mit einem breiten Medien- und Informationsangebot zu versorgen. Andererseits hätten E-Books "nicht die gleichen Nutzungsmodalitäten" wie gedruckte Bücher.

Wird die Zeit zwischen Erscheinen eines E-Books und einer Online-Verfügbarkeit in Bibliotheken verkürzt, raten die Mitstreiter, dies "entsprechend finanziell zu berücksichtigen". E-Books würden im Vergleich zur Papieralternative auch "intensiver in der Leihe genutzt", was ebenfalls ausgeglichen werden sollte, Prinzipiell bedürfe ein breiteres digitales Angebot von öffentlichen Bücherhallen ein "deutlich verbessertes Finanzierungssystem". Zugleich konstatiert der Runde Tisch, dessen Resultate in zwei bis drei Jahren überprüft werden sollen: Digitales Rechtekontrollmanagement (DRM) sei "ein geeignetes Mittel", um den "Zugang zu digitalen Ressourcen in Bibliotheken sicherzustellen".

Der an den Gesprächen beteiligte Deutsche Bibliotheksverband (dbv) setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, dass Bibliotheken E-Books – wie Printbücher – ab dem Tag der Veröffentlichung auf Basis einer gesetzlichen Grundlage verleihen dürfen. Auch der Bundesrat sprach sich 2021 dafür aus. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels lief aber Sturm gegen eine solche "Zwangslizenz" und verwies auf das bestehende E-Book-System "Onleihe", das auf freiwilligen Lizenzvereinbarungen bestehe.

Der dbv-Vorsitzende Volker Heller bedauerte nun, dass das Ziel, eine allgemein verbindliche, möglichst rechtlich verankerte Regelung zum Verleih von E-Books zu finden, "nicht durchsetzbar" gewesen sei. Der Verband hofft aber trotzdem, dass Bibliotheken auf Basis der Vereinbarungen "einen verlässlichen Zugang zu Veröffentlichungen ab dem ersten Publikationstag erhalten". Heller erwartet, "dass innerhalb der nächsten zwei Jahren tragfähige Modelle erarbeitet werden". Er erinnerte an die Zusage der Ampel-Koalition, faire Rahmenbedingungen beim E-Lending zu schaffen.

"Die Bereitstellung einzelner Titel als E-Book-Leihe erst nach einer gewissen Frist, das sogenannte Windowing, verhindert unverhältnismäßig hohe Umsatzeinbußen in der gesamten Wertschöpfungskette", verteidigte Peter Kraus vom Cleff, Geschäftsführer des Börsenvereins, den bisherigen Ansatz. Bibliotheksetats dürften nicht gekürzt, sondern müssten "dringend um ein Budget für digitale Medien ergänzt werden, um die Leihe von digitalen wie gedruckten Büchern zukunftsfähig gestalten zu können". Roth freute sich: "Gemeinsam haben wir es geschafft, Bewegung in die seit Jahren festgefahrene Debatte zu bringen." Nun müssten im Rahmen von Pilotprojekten Lizenzmodelle entwickelt und erprobt werden.

(nen)